Vergangen und Vergessen – Lost Places in Wien – Döbling

Jede Stadt hat ihre eigenen Geheimnisse. Besonders Wien bietet viele versteckte und verlassene Plätze. In den vergangenen Jahren bildete sich eine eigene Community, die „Lost Places“ auf der Spur ist. Doch welche vergessenen Orte gibt es zu entdecken und worin besteht der Reiz diese zu besuchen?

Abenteuer der besonderen Art

Die Motivation das Unbekannte zu erforschen ist für viele Menschen eine tiefgründige Faszination. Einige verspüren den Drang Geheimnisse aufzudecken, Verborgenes sichtbar zu machen und Vergangenes zu untersuchen. Nicht bei allen Menschen ist diese Begeisterung hinter mystischen Ereignissen und Plätzen so präsent gegeben. Gerade für junge Menschen, die neue Erfahrungen sammeln wollen, bietet es sich an die Geheimnisse einer Stadt zu ergründen. Sie besitzen oftmals noch einen großen Drang nach Abenteuer, sind stets wissbegierig. Ein Schuss jugendlicher Leichtsinn kommt meist noch hinzu und erhöht die Motivation eine Expedition zu einem verlassenen Ort zu starten. Studentin Verena Gappmaier besucht selbst gerne „Lost Places“ in ihrer Freizeit und spricht von einem ganz besonderen Flair:

„Es schaut richtig cool aus, wenn von Menschen gemachte Gebäude von der Natur zurückerobert werden. Es wirkt so, als wäre die Zeit stehen geblieben.“

Verena Gappmaier – Urban Explorerin

Bewachsener Himmel über Wien

Rückansicht des Wasserbehälters.
©Tudoi61 – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=62730776

Als gutes Beispiel für einen „Lost Place“, gilt das Wasserschloss am Hackenberg im 19. Wiener Gemeindebezirk. Versteckt zwischen mehreren Kleingärten und den Häusern wohlhabender Personen aus Döbling taucht auf einmal der, offiziell genannte, Wasserbehälter Hackenberg auf. Ein von drei steinernen Mauern und Stufen umrandetes Wasserbecken stellt eine Art Vorbau vor dem eigentlichen Gebäude dar. Dieses ist wenige Meter erhöht und präsentiert sich in Form einer dreibogigen Arkade. Diese und die aufliegende Steinkuppel sind gänzlich mit Efeu bewachsen und bieten dadurch vor allem im Herbst einen farbenfrohen Anblick. Das Schlösschen wurde 1910 unter Auftrag von Kaiser Franz Joseph als Bestandteil der zweiten Wiener Hochquellwasserleitung erbaut. Das heute als Wasserbehälter genutzte Gebäude fasst 11.600 Kubikmeter Wasser und bietet vielen Besuchern auch einen fantastischen Blick über Wien, da dieser Ort auf 295 Metern Seehöhe liegt.

Südöstlicher Blick über Wien von der Anhöhe des Wasserbehälters
©Florian Malcher

Georgisches Flair in Döbling

Ebenfalls in Wien Döbling ist die „Zacherlfabrik“ aufzufinden. In einer versteckten Seitengasse im Bezirksteil Unterdöbling befindet sich ein Gebäude, welches nicht sofort als Fabriksgebäude im klassischen Sinn erkennbar ist. Die Architektur und das äußere Erscheinungsbild lassen den Eindruck erwecken, dass es sich hier um eine Moschee handelt. Dieser Umstand lässt sich allerdings durch die Geschichte des Bauwerkes erklären. Der Unternehmer Johann Zacherl verbrachte Zeit seines Lebens im heutigen Georgien und lies die Fabrik, an die dortige Kultur angelehnt, im orientalischen Stil erbauen. In diesem Betrieb wurde „Zacherlin“ hergestellt, ein Insektenpulver zur Schädlingsbekämpfung. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden auch verschiedene andere Produkte an diesem Ort hergestellt, bis sie schließlich eingestellt wurde und mehrere Jahrzehnte leer stand. Anfang der 2000er Jahre wurden die Räumlichkeiten wenige Jahre lang für Ausstellungszwecke verwendet. Nun steht sie erneut rund ein Jahrzehnt leer und wartet darauf wieder zum Leben erweckt zu werden.

Frontansicht der Zacherlfabrik
©Geiserich77, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=196779

Riskante Entdeckungsreise

Diese heruntergekommenen Orte sollten allerdings auch nicht unterschätzt werden. Verfallene Gebäude können eine Vielzahl von Gefahren mit sich bringen. Einsturzgefahr durch morsche Balken, möglicherweise dadurch freigewordene Giftstoffe oder auch die Anwesenheit wilder Tiere gelten als nicht ausgeschlossen.

„Es ist auch ziemlich spannend, wenn man einen Ort betritt und nicht weiß, was einen dort erwartet. Die Plätze können auch in gutem Zustand sein, aber man weiß auch nicht, ob vielleicht noch andere Personen oder Tiere da sind.“

Verena Gappmaier – Urban Explorerin

Aus diesen Gründen sind einige „Lost Places“ auch polizeilich gesperrt und das Betreten der Gelände untersagt. Zäune, Schlösser und Warnschilder weisen gegebenenfalls auf solche Umstände hin. Es wichtig zu betonen, dass die „Lost Place Community“ laut eigenen Aussagen Vandalismus und andere Gesetzesbrüche nicht unterstützt. Diese Bewegung sollte der gegenseitigen Vernetzung helfen, um Plätze zu empfehlen oder vor Gefahren vor Ort zu warnen.

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