„Trek to Yomi“ – Samurai Gemetzel in Schwarz-Weiß

Ehre und Pflichtbewusstsein sind elementare Bestandteile des Lebens und Handelns eines Samurai. Doch was passiert, wenn man aus ehrwürdigen Gründen seine Pflicht vernachlässigt? Diese und weitere überraschend tiefgründige Fragen werfen „Flying Wild Hog“ in ihrem hochstilisierten Schwarz-Weiß Action-Spiel “Trek to Yomi” auf.

Wohin geht die Reise?

Die Handlung beginnt in einem Dojo, in dem der junge Hiroki gerade von seinem Sensei unterrichtet wird. Der Junge habe Talent, sei jedoch nicht bereit, selbst in die Schlacht zu ziehen. Doch bevor der Meister seinen Unterricht beenden kann, wird das Dorf von Banditen überfallen und Sensei Sanjuro eilt zur Verteidigung. Entgegen des Rats seines Meisters stürmt auch Hiroki den Angreifern entgegen. Nach einem Kampf gegen Kaguro, den Anführer der Banditen, wurde der junge Schwertkämpfer zwar verletzt, konnte die Angreifer jedoch tatsächlich in die Flucht schlagen. Eine unbestimmte Zeit später wird Hiroki, der nun ein Samurai ist, darüber informiert, dass ein benachbartes Dorf ein ähnliches Schicksal ereilt wie das seinige Jahre zuvor. Sofort brechen Hiroki und eine Gruppe Samurai auf, um die Banditen zu stoppen.

Ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen, ist Hirokis Reise von Rückschlägen und Selbstzweifel geprägt. Immer wieder muss er sich selbst und damit auch uns am Gamepad die Frage stellen, ob er die richtigen Entscheidungen trifft. Das passiert teils subtiler durch sehr emotional eingesprochene Monologe, oder auch sehr direkt, wenn man selbst als Spieler mehrfach den Weg bestimmen darf. Je nachdem, welche Entscheidungen man trifft, hat das Spiel bis zu vier verschiedene Enden.

Draufhauen, aber präzise!

„Trek of Yomi“ verbindet klassischen Sidescroller mit Passagen, in denen man sich etwas freier durch die Landschaften bewegen darf. Der Übergang funktioniert hier in den meisten Fällen sehr gut, nur manchmal muss die Kamera sich etwas ungelenk bewegen. Apropos Kamera: diese kann man selbst nicht schwenken, sie ist also immer fixiert und bewegt sich mit Hiroki mit. Das hat den Nachteil, dass man manchmal die Übersicht über ein Areal verliert. Durch die fixe Kamera hat man allerdings wirklich das Gefühl, einen Film zu spielen. Manche Kamerawechsel von einem Bereich in den nächsten sind nicht ganz geglückt, also muss man doch manchmal nach seinem Charakter suchen, aber für den Effekt, den die Kameraarbeit erzeugt, ist das nur ein kleines Übel.

Kommt es zum Kampf, schwenkt die Kamera so, dass man Hiroki und seine Kontrahenten von der Seite sieht. Bewegt man den Joystick also nach links oder rechts, bewegt sich Hiroki nun aus seiner Perspektive vor und zurück. Diese Entscheidung tut dem Gameplay sehr gut, da nun die Bewegungen des Joystick nach oben und unten dafür genutzt werden, mit dem Schwert bestimmte Angriffe durchzuführen. Im Verlauf des Spiels lernt man auch verschiedene Kombinationen, um bestimmte Gegnertypen effektiv bekämpfen zu können. Die verschiedenen Gegner im Spiel sind abwechslungsreich und sollten tatsächlich mit bestimmten Taktiken bekämpft werden, da sie alle gewisse Stärken und Schwächen mit sich bringen. Ebenso wichtig ist das Blocken und Parieren gegnerischer Angriffe. Tut man das nicht, oder einfach falsch, ist es nämlich recht schnell vorbei für unseren Protagonisten. Über den Verlauf des Spiels findet man zwar mehr Lebenspunkte, aber besonders eingangs können auch gewöhnliche Gegner ein echtes Problem darstellen. Hat man den Dreh aber einmal raus, machen vor allem die Kämpfe großen Spaß. Man fühlt sich dabei wie ein echter Samurai und selbst mehrere Gegner, die zugleich angreifen, sind dann kein Thema mehr.

Jedoch können bis zum Schluss die diversen Bosse problematisch werden, die einem während des Spiels begegnen. Diese bewegen sich irgendwo zwischen trivial und fast unschaffbar. Selbst auf mittlerem Schwierigkeitsgrad stellen die Bossgegner eine beachtliche Herausforderung dar.

Fernöstliches Ambiente und Filmliebe

Das Spiel ist komplett in Schwarz-Weiß gehalten, was einen einerseits so fühlen lässt, als wäre man gerade Hauptcharakter in einem „Akira Kurosawa Film“. Andererseits hilft das aber auch der Performance des Spiels. Auf dem PC mit einer 1080TI lässt sich das Spiel problemlos auch auf hoher Auflösung spielen. Die Umgebungen, durch die man sich bewegt, sind allesamt mit Liebe zum Detail gestaltet und sehen durchaus realistisch aus. Über dem gesamten Geschehen liegt ein leichter Filter, der anmuten lässt, man hätte tatsächlich alten Analogfilm vor sich. Wie bereits erwähnt, trägt auch die Kamera ihren Teil zur Ästhetik bei. Will man zum Beispiel ein Areal zu früh verlassen, obwohl noch nicht alle Gegner besiegt wurden, schimmert der Rand des Bildschirms so, als wäre ein alter Film nicht gerade auf der Rolle.

Fazit

Publisher „Devolver Digital“ haben ein tolles Händchen für Spiele, die bekannte Spielmechaniken mal ganz anders präsentieren wollen, wie das ebenso empfehlenswerte “Cult of the Lamb”, welches Roguelike-Dungeons und Basebuilding auf sehr charmante Art verbunden hat. Daher ist es wenig überraschend, dass auch „Trek to Yomi“ einige Stunden großartige Unterhaltung bietet. Das Gesamtpaket aus Grafik, Ton und Gameplay passt hervorragend zusammen und sorgt für eine durchweg interessante Stimmung. Wer das “Kurosawa-Feeling” noch verstärken möchte, sollte das Spiel übrigens unbedingt im japanischen Original spielen. Die Dialoge sind durchweg emotional und mit dem typisch japanischen Pathos vorgetragen. Es gab über die gesamte Spielzeit vielleicht zwei Szenen, in denen das Lesen der Untertitel problematisch war. Schlussendlich lässt sich sagen, dass dieses Spiel auf jeden Fall ein tolles Erlebnis bietet.

Hard Facts über das Spiel:

  • Entwickler: Leonard Menchiari, Flying Wild Hog
  • Publisher: Devolver Digital
  • Erscheinungsdatum (Steam): 5. Mai 2022
  • Preis (Steam, PS5, Xbox): 19,99€
  • Enthalten im Xbox Gamepass
  • Durchnittliche Spieldauer: ca. 6 Stunden

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