Is Rock Dead?

In einer Zeit, in der Pop, Rap und alles in allem moderne Musikrichtungen einen Höhenflug erleben, scheint der herkömmliche Rock immer mehr zu verschwinden. Bereits 1999 veröffentliche Marilyn Manson seinen Song “Rock is Dead”, doch was steht hinter den vielen Mordversuchen an dieser mittlerweile über sechzigjährigen Musikrichtung und ist das Regelpensionsalter für sie erreicht? Um The Strokes zu zitieren “Is This it?”

Als ich 2019 die Smashing Pumpkins live sah, ging ein Jugendtraum für mich in Erfüllung. Diese Alternative Rock Band, die, obwohl sie ihren Höhepunkt in den 90ern hatte, immer noch Großteils zusammenstand und neues Zeug rausbrachte, war für mich ein wichtiger Begleiter durch die Schulzeit gewesen. Aber entgegen meiner Vorfreude stellte sich das Konzert als eines der schlechtesten meines Lebens heraus. Corgan sprach während der möglichst kurz gehaltenen Performance kein Wort zum Publikum, haute grantig und desinteressiert in die Saiten und auch unter den Bandmitgliedern war die Stimmung sichtlich schlecht. Alles an ihnen schrie einen an: „Rock is dead!“

Der Frust der Rockmusiker, zahlenmäßig nicht mehr mit der Popmusik mithalten zu können, steht so einigen ins Gesicht geschrieben. Die einst größte Musik ist zu einer Randerscheinung geworden und Dinge, die früher zum guten Ton gehörten, sind heute komisch geworden. Zwar können altbekannte Größen wie die The Rolling Stones oder Queen, letztere sogar ohne ihren Frontman, ganz gut von ihren früheren Erfolgen leben, aber die Zeiten sind vorbei, die Noten eingefroren, und die Fans älter geworden.

Auch alles, wofür diese wilde Musikrichtung stand, scheint an Aktualität zumindest eingebüßt zu haben. Die lauten, rohen Akkorde und die langen Haare haben schließlich erst im Kontext der prüden und konservativen 60er Jahre Gesellschaft ihre Wirkung entfaltet. Verzerrte Telecaster schockieren heute keinen mehr. Vielleicht ist die Angst vor dem Niedergang des Genres aber auch übertrieben angesichts der Tatsache, dass ich dieser Tage einen Artikel schreibe, obwohl The Who bereits über 50 Jahre vor mir die Worte oben zitierten Worte in ihr Album „Odds & Sods“ aufnahmen.

©Heinrich Klaffs
©Heinrich Klaffs

Unstrittig ist eine Veränderung der Musiklandschaft. Nach meinen Beobachtungen ist allerdings nicht der Rock als Gesamtes tot. Es stimmt zwar, dass ein Jimmy Page heute nicht mehr dieselbe Reaktion provoziert, wie er es 1973 im Madison Square Garden gemacht hat, aber vielleicht muss er das auch gar nicht mehr. Vielmehr ist von einer Entwicklung auszugehen, die sich vollzieht. Wenn man beispielsweise eine Parallele zum Jazz, einer wesentlich unzugänglicheren und älteren Musikrichtung, zieht, stellt man fest, dass im Porgy & Bess und im Zwe trotzdem jeden Abend die Hölle los ist und Junge von noch jüngeren Talenten von der Bühne gespielt werden.

Eine musikalische Zeitenwende

Letztlich hängt der Tod einer Musikrichtung von der Frage ab, wie konservativ sie ist. Rock, wie es ihn in den 60ern gab, ist am aussterben, schlicht, weil aus dieser Zeit kaum bis nichts Neues mehr kommt. Aber aus dieser Zeit haben sich so viele neue Rockrichtungen entwickelt. Die Hard Rock und Metal Szene ist groß und beherbergt unzählige, technisch großartige Musiker. Der Alternative Rock ist groß im Kommen und bietet eine Brücke zwischen Pop und Rock. Lighter on the Moon und Life Line Break sind Wiener Beispiele für junge Bands, die frischen Wind in die Rocklandschaft bringen.

Aber auch Bands, die unter stärkerem Einfluss des herkömmlichen Rocks Neues stehen, gibt es viele. The Black Keys bringen alten Rock´n Roll in die jetzige Zeit, Blur haben erst vor ein paar Wochen ein neues Album „The Ballade of Darren“ herausgebracht und Foo Fighters waren ihnen mit „But Here We Are“ nur wenig voraus. Das sind nach mittlerweile vielen Jahrzehnten keine letzten Herzschläge mehr, wie Manson prophezeit hat, sondern die Schläge eines Rhythmus, den die Menschheit nicht mehr aus dem Kopf kriegt.

Was ist also dran an den vielen Mordanschlägen, wie ich sie anfangs genannt hatte? Es stimmt, dass Rock, so wie ihn Link Wray und Jimi Hendrix vor langer Zeit auf den sechs Saiten gefunden haben, nicht mehr da ist. Aber in gewisser Weise ist das eine gute Sache. Früher dachte ich immer, ich wäre für meinen Musikgeschmack zu spät geboren, aber das stimmt doch nicht. Heute gibt es nicht nur die Möglichkeit, den alten Rock zu hören, sondern darüber hinaus auch Härteres, Weicheres, Melodischeres, Lyrischeres. Wir haben wie nie zuvor in der Geschichte die Möglichkeit, zu hören, was wir wollen. Und ich hoffe es wird immer mehr.

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