Ein Meilenstein der Astronomie

Im Jahre 1996 setzen sich Forscher der NASA, der ESA und der kanadischen Weltraumagentur zusammen, um ein Teleskop zu entwickeln, das seines gleichen sucht. Nach 26 langen Jahren und harter Arbeit tausender Wissenschaftler*innen gibt es nun die ersten Ergebnisse. Das James Webb Space Telescope (JWST) bringt uns Einblicke in den Kosmos, die die Welt noch nie gesehen hat.

Ein Gemeinschaftsartikel von Flo Malcher und Chiara-Marie Hauser.

Geschichte der Himmelsbeobachtung

Die Beobachtung des Himmels, der Planeten, Monde, Sternen und Meteoriten ist eine Kunst – eine Kunst, die womöglich so alt ist wie die Menschheit selbst. Seien es die Babylonier, die ihre Beobachtungen auf Tontafeln niedergeschrieben haben, die Ägypter, die Mondkalender erstellten oder Konstellationen wie Stonehenge. 

Seit jeher versuchen wir neue Erkenntnisse über unseren Planeten, unsere Galaxie und das unendliche Universum zu finden. Erkenntnisse, die in den letzten Tagen und Monaten eine förmliche Revolution erlebten. Bevor jedoch das James Webb Telescope genauer beleuchtet wird, sollte zuerst noch ein Blick auf das Vorgängermodell, das Hubble Telescope, geworfen werden.

Hubble Space Telescope
Foto: © NASA

Das Hubble Teleskop, benannt nach dem Astronomen Edwin Hubble, hat seit seinem ersten offiziellen Einsatz 1990 unsere Vorstellungen und Erkenntnisse über das Universum durchgehend verändert. Mithilfe neuer Technologien und Entwicklungen konnte sich die Arbeitsweise des Teleskops über die Jahre hinweg stets verbessern. Teleskope haben einen bestimmten Lichtbereich, den sie erkennen können, Hubbles Domäne erstreckt sich vom Ultravioletten über das Sichtbare (was unsere Augen erkennen) bis ins Infrarot.

Dank des James-Webb-Teleskops, welches uns atemberaubende Bilder in der letzten Zeit geliefert hat, ist es nun möglich, jede Phase der kosmischen Geschichte zu erforschen. Das Infrarot-Teleskop kann uns behilflich sein, den Ursprung unseres Universums und den Platz, den wir auf der Erde einnehmen, zu verstehen.

James Webb Space Telescope
Foto: © NASA/Wikipedia

Position

Einen großen Unterschied zwischen dem Hubble Telescope und dem JWST findet man unter anderem an der Umlaufbahn. Das JWST kreist nicht wie sein Vorgänger in der näheren Erdumlaufbahn, sondern am sogenannten Lagrange Punkt 2 (L2) rund 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Der Vorteil an dieser Position ist unter anderem, dass eine ungestörte dauerhafte Belichtungs- und Beobachtungszeit möglich ist. Darüber hinaus ist L2 ein Gleichgewichtspunkt in der Sonne-Erde-Achse. Dadurch bleibt das JWST auf einer stabilen Umlaufbahn auf der sonnenabgewandten Seite der Erde, wodurch eine Menge an Treibstoff gespart werden kann.

Bahnbrechende Ergebnisse

Als erstes Bild wurde ein sogenanntes Deep Field veröffentlicht. Eine Abbildung mit derartiger Bedeutung, dass sogar US-Präsident Joe Biden zur Veröffentlichung herbeigezogen wurde. Um dieses Bild zu erstellen, hat das JWST 12,5 Stunden auf einen kleinen bestimmten Punkt im Kosmos belichtet. Um zu verstehen, in welchen Maßstäben wir uns hier befinden: Es wurde auf einen dermaßen kleinen Punkt im Universum fokussiert, dass ein Sandkorn, welches wir mit ausgestreckter Hand vor unser Auge halten, diesen gesamten Ausschnitt bedecken würde.

Im Zentrum sehen wir einen 4,6 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxienhaufen, welcher jedoch nicht auf der identen Entfernungsebene liegt wie die anderen sichtbaren Objekte im Umkreis. Diese gestreckten und verzerrten Galaxien sind nicht verschwommen, sondern treten aufgrund des Gravitationslinseneffekts in dieser Form auf. Durch die enormen Massen in diesem Galaxienhaufen werden die Lichtstrahlen so gebogen, dass Objekte, die an sich dahinter liegen, nun verzerrt im Umkreis daneben auftauchen. Dadurch wird es auch möglich sein, in nächster Zeit bis an 100 Millionen Jahre an den Urknall heranzusehen.

Deep Field
Foto: ©NASA/Wikipedia

Im nächsten Bild ist der Carina Nebel zu erkennen, welcher durch seine besondere Erscheinung den Beinamen der „kosmischen Klippen“ hat. Hier ist die Freude über die unglaublich gute Auflösung grenzenlos. In diesem Bereich findet man vermutlich das größte Vorkommen an ionisiertem Wasserstoff in der gesamten Milchstraße und ein Sternentstehungsgebiet, in dem es richtig abspielt. Der ganze Nebel erstreckt sich über eine Ausdehnung von ungefähr 200 bis 300 Lichtjahren.

Carina Nebel
Foto: © NASA/Wikipedia

Beim südlichen Ringnebel handelt es sich um einen sogenannten planetaren Nebel. Hier ist gut zu beobachten, welche Vorgänge sich am Ende eines Sternenlebens abspielen. Sterne mit der mittelschwerer Masse stoßen die Hüllen ihrer Atmosphären ab und werden vom überbleibenden Stern angeheizt und beleuchtet, wodurch diese wunderschönen leuchtenden Nebel entstehen.

Auf der rechten Seite sieht man hier das mittelinfrarot Bild des Ringnebels, welcher den Forscher*innen eine weitere detailliertere Erkenntnis liefert. Die ganzen beleuchteten Staub- und Gasgebilde stammen nicht von dem leuchtstarken Stern, welcher sich am linken Bild prominent in der Mitte befindet, sondern von einem roten, staubverhüllten Stern, welcher mit dem angewendeten Infrarotbereich nun zu sehen ist. Der blaue, viel heißere Stern hat sich sozusagen vor die Linse geschummelt und betreibt salopp gesagt „Photobombing“.

Südlicher Ringnebel
Foto: © NASA

Etwas zwischen den Farbspektakeln untergangen ist eine weitere Entdeckung enormen Ausmaßes. Das liegt daran, dass es sich hier um kein direktes Bild im klassischen Sinne handelt, sondern um das Spektrum eines Exoplaneten, einem Planeten, der um einen fremden Stern kreist. Aufgrund der Wellenlänge des ankommenden Lichts kann man erkennen, aus welchen Elementen bestimmte ferne Objekte zusammengesetzt sind. Es wurde hierfür ein Planet aus dem Sternsystem WASP-96b ausgewählt, welcher als Jupiter ähnlich deklariert werden kann.

Dieser Exoplanet wurde vermutlich ausgewählt, da er eine sehr klare Atmosphäre hat und man somit an besonders viele Daten gelangen kann. Mit neuen, besonders akkuraten Instrumenten, mit denen das JWST ausgestattet ist, erhofft man sich noch genauere Ergebnisse über die Zusammensetzung fremder Sonnensysteme zu erlangen. Es besteht sogar die Möglichkeit, sogenannte Biomarker auf Exoplaneten festzustellen, welche auf potenzielle Strukturen von Leben hindeuten können.

Spektrum eines Exoplaneten um WASP-96b
Foto: ©NASA https://bit.ly/3PkaEPu

Das Entdecken eines solchen Vorkommens würde eine der grandiosesten Errungenschaften der Wissenschaft darstellen und möglicherweise unser Bild vom Universum komplett verändern. Doch wer zu euphorisch wird und nun einen Sommerurlaub zu WASP-96b plant, muss leider enttäuscht werden. Dieses Objekt ist rund 1120 Lichtjahre von der Erde entfernt. Ein Lichtjahr ist die Entfernung, die das Licht, also mit der größtmöglichen Geschwindigkeit im Kosmos, in einem Jahr zurücklegt.

Das bedeutet, dass die Ergebnisse, die wir hier bekommen haben, Abbilder der Geschehnisse aus den Erdjahren um ca. 920 n. Chr. darstellen. Rund um diese Zeiten entstand das Heilige Römische Reich. Das James Webb Space Telescope wird uns in Zukunft weitere bahnbrechende Entdeckungen am laufenden Band präsentieren, die noch nie so nah waren, aber doch so unbeschreiblich fern sind. Man wird gespannter den je in den Himmel blicken, die Untiefen des Universums erforschen und erwarten, was Raum und Zeit mit sich bringen.

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