Der Untergang der „Titanic“ – zwischen Realität und Fiktion

Vor 110 Jahren fand die für unsinkbar gehaltene „Titanic“ ihr Ende. Die meisten von uns kennen die romantisierte Version des Untergangs dank Hollywood. Doch wie akkurat ist dieser Film wirklich und gab es Jack und Rose überhaupt?

Als vor 110 Jahren in der Nacht vom 14. auf den 15. April 1912 die „Titanic“ um 23:45 Uhr mit einem Eisberg kollidierte, befanden sich mehr als 2000 Menschen an Bord des Schiffes. An die 1500 Passagiere wurden in dieser Nacht in den Tod gerissen. Im eiskalten Wasser ertranken Frauen, Kinder und Männer aus verschiedenen Städten und Nationen. Sie alle eint ein Schicksal, eine Kette an Ereignissen, die aus heutiger Sicht von der romantisierten Version der Schiffskatastrophe überschattet wird.

… as the smart ship grew, in stature, grace and hue, in shadowy silent distance grew the Iceberg too.”

Zitat aus dem Gedicht „The Convergence of the Twain“ von Thomas Hardy

War die Tür groß genug für beide? 

Die meisten Menschen, die den im Jahr 1997 erschienen Film “Titanic” gesehen haben, wurden von der unglücklichen Liebesgeschichte zwischen Rose und Jack bewegt und berührt, welche rund 550 Kilometer südöstlich von Neufundland mit Jacks Tod endete. Während sich die Frage, ob die Tür nicht groß genug für beide gewesen wäre, in den Vordergrund rückte, wurde die eigentliche Geschichte des Schiffbruchs hinten angestellt.

Es gab weder Jack noch Rose, jedoch ist ihr Schicksal nicht weit von der Realität entfernt. Die beiden Charaktere wurden von realen Personen inspiriert. Einerseits von der Künstlerin Beatrice Wood, deren Autobiografie der Regisseur des Films, James Cameron, während der Produktion las und andererseits von dem Kohlentrimmer Joseph Dawson. Auch wenn Beatrice nicht auf der „Titanic“ war und Joseph nicht auf einer treibenden Tür im Atlantischen Ozean starb, bauschte sich ein förmlicher Mythos um diese Nacht, in der Joseph ertrank, auf.

Auch die Frage der Schuld wird immer wieder aufgeworfen. Hätte man die Kollision vermeiden können? Als Hauptschuldiger wird Kapitän Edward John Smith genannt. Im Film klammerte sich dieser in fast schon heroischer Weise an sein Steuerruder, als er von der Kraft des Ozeans in den Tod gerissen wurde. Heute ist klar überliefert, dass dieser die Warnungen ignorierte und die Geschwindigkeit der „Titanic“ trotz der stetigen Eisberggefahr nicht drosselte und auf ungefähr 22,5 Knoten (um die 41 km/h) erhöhte. Die Inszenierung der „Titanic“ als leistungsfähigstes Passagierschiff stellte die Sicherheit der Menschen an Bord hinten an.

Uns ist heute bewusst, dass die Kollision vermieden hätte werden können, wäre die „Titanic“ besser ausgestattet gewesen. Die Beobachter hatten kaum Licht auf ihren Posten. Sie mussten sich auf ihre eigenen Sinne in der vollkommenen Dunkelheit verlassen. Bedingt durch die strikte Überzeugung, dass die „Titanic“ nicht sinken würde, war die Anzahl an vorhandenen Rettungsbooten nicht ausreichend für mehr als 2000 Passagiere.

Foto: © Chiara-Marie Hauser

Help, Big Sister 

Um 23:45 Uhr kollidierte die „Titanic“ mit dem Eisberg. Daraufhin begann das Wasser die ersten sechs Abteile zu überfluten. Um 00:45 Uhr schickte das Schiff ein SOS-Zeichen aus, 15 Minuten später folgte die Nachricht “we have struck an iceberg”. In den darauffolgenden zehn Minuten sendete die „Titanic“ weitere Nachrichten an ihr Schwesterschiff Olympic. Darunter die Nachfrage nach deren genauen Position.

Wie im Film dargestellt, spielte das kleine Orchester der „Titanic“ auch während des Untergangs. Die Überlieferungen der Überlebenden stimmten zwar nicht in den Angaben der Musikstücke überein, dennoch wurden Werke wie “Alexander’s Ragtime Band” und “Nearer, My God, To Thee” genannt. Alle Orchestermitglieder starben in jener Nacht. 

Es dauerte rund zweieinhalb Stunden, bis die „Titanic“ vollständig versank. Während man versuchte, Passagiere in die Rettungsboote zu zwängen, wurde der Crew immer mehr bewusst, dass ihr Ende sich in rasanten Schritten nähern würde. Eine der letzten überlieferten Nachrichten wurde um 01:30 Uhr ausgesendet: “Cannot last much longer”.

Inspiration durch Isador und Ida Straus

Im Film wird ein älteres Pärchen gezeigt, dass zusammen im Bett stirbt. Diese beiden wurden von realen Persönlichkeiten inspiriert. Isador und Ida Straus starben beide an Bord der „Titanic“. Den Überlieferungen nach wollte Ida ihren Mann nicht zurücklassen und auch wenn ihm ein Platz in den Rettungsbooten angeboten wurde, wollte er Frauen und Kindern den Platz nicht nehmen. Das Ehepaar lag Arm in Arm in ihrem Bett, während das Wasser in die Kabine strömte und die beiden an der Katastrophe verstarben. Der Film zeugt von der Panik der Passagiere, von dem Kreischen des Metalls, das auseinanderbrach und von den Schreien, die durch die Nacht hallten. Die Stille umhüllte die Überlebenden, als das Schiff unter der Wasseroberfläche verschwand und in 3800 Meter Tiefe sank. Doch was viele der Überlebenden berichteten, wurde im Hollywood-Blockbuster kaum thematisiert.

In der Nähe der „Titanic“ befand sich unter anderem das Schiff „Carpathia„. Das Schiff nahm die meisten Passagiere aus dem eiskalten Wasser auf und brachten diese nach New York. Es gibt Überlieferungen, die von Lichtern des Schiffes der „California“ berichteten, die sich auch in der Nähe der „RMS Titanic“ befand und beschuldigt wurde, nicht geholfen zu haben. Diese Behauptung ist bis heute umstritten.

„Titanic“ Museum

Für alle jene, die einen Trip nach Belfast planen: Lasst euch das „Titanic“ Museum nicht entgehen und plant genügend Zeit für den Besuch ein. Bis dahin könnt ihr am Landestheater Linz das Musical „Titanic“ besuchen und anschauen.

Foto: ©Chiara-Marie Hauser
Foto: ©Chiara-Marie Hauser

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