Schlamm, Sand und Livemusik – Rückblick auf das Nova Rock 2022

Das größte Rock Festival des Landes ist seit eineinhalb Wochen Geschichte. Mittlerweile ist der Tinnitus hoffentlich wieder verschwunden, die Nackenmuskeln sind vom Headbangen wieder erholt und möglicherweise sind die letzten Besucher*innen nun endlich ausgenüchtert. Es war ein Nova Rock, das definitiv in Erinnerung bleiben wird – im Guten wie im Schlechten. Höchste Zeit, das Festival nun nüchtern zu analysieren.

Die Pannonia Fields II. in Nickelsdorf, jährlicher Schauplatz des Festivals, sind für ihre sandige und staubige Beschaffenheit berühmt und berüchtigt. Soweit so gut. Das Problem ist nur, dass ein solcher trockener Boden äußert schlecht in der Wasseraufnahme ist. Doch genau zu Beginn des Festivals hat es innerhalb von zwei Tagen eine höhere Niederschlagsmenge gegeben, als insgesamt zwischen November und Juni. Dadurch kam es zu einer massiven Verschlammung des gesamten Festivalgeländes, die einige schwerwiegende Probleme mit sich führten. Bereits am Tag vor dem offiziellen Kick-off kam es bei der PKW- und Caravan- Anreise zu enormen Verzögerungen. Trotz behutsamen Vorgehens konnte nicht vermieden werden, dass teilweise Fahrzeuge zum Stillstand kamen und im Schlamm stecken blieben. Bereits am dritten Tage konnte man jedoch wieder großteils auf staubtrockenen Böden sitzen, wo zu Festivalstart einige Schuhe sich noch von ihren Besitzer*innen im Schlamm trennen mussten.

Große Sorgen haben jedoch auch die Flächen im Zuschauerbereich vor den Bühnen gemacht. Man fand einer derartige Verschlammung vor, dass man die Sicherheit der Besucher*innen nicht mehr garantieren konnte, wodurch sich der Einritt zu den Bühnen schlussendlich um zwei Stunden verzögerte und diverse beliebte Musikacts abgesagt werden mussten. Auf der Red Stage konnte man überhaupt erst im Laufe des Abends beginnen Bands auftreten zu lassen, anstatt wie geplant zur Mittagszeit. Mehrere Tonnen Sägespäne, Rindenmulch und Stroh wurden am Boden verteilt, um die Flüssigkeit so rasch wie möglich aufzusaugen. Laut Veranstalter Ewald Tatar soll allein dieses Unterfangen zwei Millionen Euro gekostet haben. Diese sollten jedoch ein Tropfen auf den heißen Stein sein in Anbetracht der Getränkepreise. Stellvertretend hierfür spricht ein halber Liter Bier (exklusive Becherpfand für 5,50 Euro) Bände.

Foto: © Patrick Steiner

Dem nicht genug hagelte es massenhaft Kritik betreffend der Situation um die Sanitäranlagen und Wasserstellen. Nicht nur, dass es im Verhältnis zu den Besucherzahlen viel zu wenige dieser Anlagen gab, zusätzlich wurden diese nicht ordnungsgemäß gepflegt, wodurch äußert unhygienische Zustände auftraten. Natürlich darf man sich bei einem Festival mit 225.000 Besucher*innen aus aller Welt keine fünf Sterne Nasszellen erwarten, jedoch haben unzählige, langjährige Nova Rocker*innen zu verstehen gegeben, dass es hier zu den schlimmsten Zuständen der Festivalgeschichte gekommen sei.

Foto: © Florian Missoni

Musik ist (k)eine Lösung

Bei den meisten überwiegt allerdings die Freude nach drei Jahren Pause wieder ein Festival besuchen zu können. Das Gefühl der Freiheit mit Freunden oder auch wildfremden Personen zu feiern, ohne sich andauernd Sorgen um Corona-Richtlinien zu machen. Vier Tage durchgehend Party mit vorwiegend rockiger Livemusik. Bereits am ersten Tag traten die Alternative Rock Giganten Muse als Headliner auf und begeisterten die Menge mit ihrem einzigartigen Sound.

Muse am Nova Rock 2022
Foto: © Florian Malcher

Einen mindestens ebenso einzigartigen Sound bringt Heilung mit sich. Die Nordic-Ritual-Folk-Band bringt Klänge und Laute aus der Eisen- und Wikingerzeit mit sich. Sowohl die Texte als auch die Instrumente basieren auf diesen vergangenen Zeiten. Mit Speeren, Rasseln und teilweise auch Knochen werden ganz spezielle Geräusche erzeugt, die live mit einer Schar von traditionell gekleideten Personen unterstützt werden.

Foto: © Markus|Pushing Pixels Heilung (Band) – Wikipedia

Auch härtere Töne wurden angespielt. Bands wie In Flames, While She Sleeps, Bring Me The Horizon und Five Finger Death Punch ließen die Herzen der Metalheads höher schlagen. Besondere Aufmerksamkeit bekam jedoch Jinjer. Die ukrainische Musikgruppe aus Donezk hat bis wenige Tage vor Festivalstart um ihren Auftritt bangen müssen, da es aufgrund des Kriegszustandes nicht klar war, ob die Ausreise aus deren Heimatland genehmigt wird. Nach einer erfolgreichen Zusage des Staates konnte jedoch ein Metal-Fest der Solidarität am Nova Rock stattfinden.

While She Sleeps am Nova Rock 2022
Foto: © Florian Malcher

Im Vergleich zu den letzten Auflagen, bekam man beim diesjährigen Nova Rock auch einen großen Anteil an deutschsprachigen Künstlern, speziell aus dem Rap Genre, zu hören. Künstler wie Alligatoah, Finch, Deichkind und Sportfreunde Stiller drückten definitiv ihren Stempel auf. An bekannten Akteuren aus Österreich hat es dieses Jahr ebenfalls nicht gemangelt. Unter anderem haben Seiler und Speer, Dame und Turbobier das Austragungsland würdig vertreten. Somit bleibt mit Spannung zu erwarten was das Nova Rock 2023 zu bieten hat. Dessen stattfinden wurde bereits fixiert und wird von 7. bis 10. Juni stattfinden. Auch der special Late Night Act wurde in Person von Scooter bereits verkündet. Zu hoffen ist, dass einerseits der Wettergott beim nächsten Mal mehr Nachsehen mit den Besucher*innen hat und der Veranstalter aus den diesjährigen Fehlern lernt, um wieder ein einzigartiges Festivalerlebnis bieten zu können.

Alligatoah am Nova Rock 2022
Foto: © Florian Malcher

Autor*in:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

vierzehn − vier =