Die meisten Fans der Königsklasse im Rennsport stehen immer noch unter Strom in Anbetracht dessen, was sich im Finale des letzten Jahres ereignet hat. Es wird vom spannendsten Rennen einer ganzen Generation gesprochen. Doch die neue Saison steht bereits vor der Tür und bringt technische Reformen mit sich und zwar in einem Umfang, den die Formel 1 seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hat.
Sonntag, 12. Dezember 2021, 17 Uhr Ortszeit, Abu Dhabi. Man ahnte, dass es ein Finale einer großartigen Formel 1 Saison geben wird, das Geschichte schreibt. Jedoch wurden die hohen Erwartungen noch einmal weite übertroffen. Der siebenmalige Weltmeister Lewis Hamilton und Shooting Star Max Verstappen standen sich nach 21 spektakulären Rennen punktegleich gegenüber. Bereits in der ersten Runde kam es zu einem Positionswechsel an der Spitze und bis kurz vor Schluss deutete alles darauf hin, dass Hamilton seinen nächsten WM-Titel holen würde, welcher ihn zum alleinigen Rekordalter machen würde.
Fünf Runden vor Schluss sollte jedoch alles nochmal eine Wendung nehmen. Der Williams Pilot Nicolas Latifi landet in der Mauer, wodurch ein Safety Car notwendig wurde. Verstappen fuhr an die Box und holte sich neue Reifen, während sein Konkurrent sicherheitshalber auf der Strecke blieb. Nach einer Reihe von Entscheidungen durch den Rennleiter Michael Masi wurde das Rennen wieder freigegeben, wodurch noch eine Runde zu fahren war. Die Weltmeisterschaft einer unheimlich spannenden Saison mit insgesamt 22 Rennen wurde so nun auf den letzten fünf Rennkilometern entschieden. Nach einem spannenden Zweikampf konnte sich schließlich der Niederländer Max Verstappen an Hamilton vorbeisetzten, gewann den Titel und war der gefeierte Held. Von Lewis Hamilton hörte man allerdings einige Wochen nach dem spektakulären Finale keine Spur. Kein öffentlicher Auftritt bei Veranstaltungen und auch die Präsenz auf seinen Social-Media-Kanälen blieb aus. Es kam sogar zu vielen Spekulationen und heißen Gerüchten, ob er nach dieser Niederlage dem Rennsport nicht komplett den Rücken kehrt. Das wurde jedoch widerlegt und Rekordsieger Lewis Hamilton wird auch in diesem Jahr wieder angreifen und versuchen seinen achten WM-Titel zu holen.
Alles neu?
Die Formel 1 geht mit der Saison 2022 in eine neue Ära der Rennklasse. Vor allem die Autos wurden maßgeblich verändert. Ursprünglich hätte diese Reformen bereits letztes Jahr wirken sollen, aufgrund der Corona-Pandemie wurden die Pläne um Jahr nach hinten verschoben.
Der primäre Gedanke hinter diesen Veränderungen ist es den Sport noch etwas spannender und attraktiver für die Fans zu machen. Das Feld soll enger zusammenrücken, überholen soll einfacher gemacht werden und die Leistung des einzelnen Fahrers soll eine höhere Gewichtung haben. Um das zu bewirken wurden wortwörtlich einige Schrauben gedreht, um die Aerodynamik den neuen Richtlinien entsprechend zu verändern. So entsteht ein komplett neues und äußert futuristisch wirkendes Design.
Unter anderem mussten sich Front- und Heckflügel einem kompletten Remake unterziehen. Diese sind im Vergleich zu den vergangenen Saisonen stark vereinfacht und vereinheitlicht worden. Somit können zwischen den Teams nicht mehr so viele große Unterschiede entstehen, um sich so einen aerodynamischen Vorteil zu verschaffen. Mit diesen neuen Flügeleinstellungen soll zusätzlich die „Dirty Air“ reduziert werden. Mit Dirty Air ist verwirbelte Luft gemeint, die hinter dem Fahrzeug verursacht wird. Mit der Verringerung dieser sollte das Hinterherfahren vereinfacht werden, sodass man leichter zum Vordermann aufschließen kann.
Große Änderungen hat es auch am Unterboden gegeben. Sogenannte „Tunnel“, die jetzt am Unterboden angebracht sind, sollen die Bodenhaftung noch einmal verstärken. Der Wagen soll gewissermaßen an den Boden angesaugt werden und am Asphalt kleben. Einen weiteren großen optischen Unterschied zur Vorsaison bieten die Reifen. Diese haben nun einen Durchmesser von 18 Zoll, was einer deutlichen Vergrößerung entspricht. Zusätzlich sind erstmals seit 2009 Radkappen am Reifen angebracht. Besonders markant sind auch die neu designten Seitenkästen, bei denen die größten optischen Unterschiede zwischen den Teams selbst für den Laien zu erkennen sind.
Große Erwartungen
Am Sonntag gehen erneut die Lichter der Startampel aus und eine mit 23 Rennen vollgepackte Saison geht los. Die Erwartungen sind immens hoch. Die Hoffnung, dass das neue Reglement greift und das Fahrerfeld enger zusammenrückt, hat sich an den ersten Testwochenenden bestätigt.
Ein klarer Favorit lässt sich jedoch nicht ausmachen. Die üblichen Verdächtigen mit Red Bull und Mercedes stehen natürlich weiterhin ganz oben auf der Rechnung. Den bisher stabilsten Eindruck hat jedoch Ferrari gemacht. Die Vorfreude bei dem italienischen Team ist so groß wie seit langem nicht mehr. Dass sich der lange Leidensweg eines Fans der Scuderia nun endlich dem Ende neigt, indem der Rennstall einen Titel nach Hause bringt, wirkt alles andere als unrealistisch. Schließlich hat man mit Charles Leclerc und Carlos Sainz zwei absolute Toppiloten in den eigenen Reihen. Der erste Grand Prix in Bahrain wird Licht ins Dunkle bringen wie der Stand der Dinge ist und ob die Teams die Probleme der Vorbereitung in den Griff bekommen haben.
Besonders im Fokus steht hier das „Porpoising“ der Autos. Ein Effekt, der durch den neuen Unterboden auftritt und bei hohen Geschwindigkeiten auf der gerade das Auto dermaßen auf und ab wackeln lässt, dass die Fahrer ordentlich durchgeschüttelt werden. Schneller macht diese Erscheinung die Formel 1 Boliden natürlich nicht.
Das Thema Corona hat sich auch noch nicht ganz aus dem Rennzirkus verabschiedet. Der viermalige Weltmeister Sebastian Vettel muss aufgrund eines positiven Tests das Rennen auslassen. An seiner Stelle springt der Deutsche Nico Hülkenberg ein. Beim McLaren Fahrer Daniel Riccardo hatte man auch die Sorge, dass er coronabedingt das erste Rennen auslassen muss, jedoch konnte er nach einer Reihe von negativen Tests seine Teilnahme absichern. Der Traum von einem Cockpit im schnellsten Sport der Welt ist für Ex-Haas-Pilot Nikita Mazepin vorerst ausgeträumt. Der russische Fahrer wird vor allem durch die Firma seines Vaters gesponsert, welche in enger Verbindung zu Wladimir Putin steht. Der Rennstall Haas zog aufgrund der derzeitigen politischen Ereignisse die Reißleine und holte sich mit Kevin Magnussen einen alten Bekannten zurück ins Team.
In wenigen Tagen werden wir Antworten auf unsere unzähligen Fragen haben. Vieles ist unsicher und einiges lässt sich erst im Laufe des Jahres beantworten. Man darf also gespannt sein, wer am Ende des Jahres erneut den WM-Pokal in die Höhe stemmen darf.