Kryptowährungen: Glücksspiel oder massentaugliches Zahlungsmittel?

Immer mehr junge Menschen kaufen Kryptowährungen – um damit zu bezahlen oder weil sie auf Wertsteigerungen hoffen. Aufgrund der vermehrten Nutzung in Österreich wurde im Rahmen der Steuerreform auch eine neue Besteuerung solcher Kryptowährungen beschlossen – und die neue Technologie erstmals in einem Gesetz definiert. Was Experten dazu sagen? frisch hat nachgefragt.

Vorweg: Es gibt tausende verschiedene Kryptowährungen – die bekannteste davon ist Bitcoin. Das wahrscheinlich deshalb, weil sie die erste Kryptowährung war und auch oft als Synonym für Kryptowährungen verwendet wird. Bitcoin ist auch die Kryptowährung mit der derzeit größten Marktkapitalisierung.

Doch nach welchen Kriterien wählt man überhaupt aus, wenn man in Kryptowährungen investieren will? Darauf kann man keine eindeutige Antwort geben. Gegenüber frisch sagt der Finanzexperte Daniel Schwarzl: „Man soll sich immer die Frage stellen, mit welchen Motiv man Kryptowährungen erwirbt. Geht es also um die Verwendung als Zahlungsmittel, als kurzfristiges Spekulationsobjekt oder als langfristige Wertanlage? Wer Kryptowährungen als langfristiges Investment betrachtet und auch Wert auf Stabilität legt (soweit man sich diese am Kryptomarkt überhaupt erwarten darf) sollte eher auf die etablierten Coins setzen, also zum Beispiel Bitcoin oder Ether.“

Der Vermögensberater Michael Posselt warnt zudem vor Fakes und Betrug (sogenannte „Scams“), die hinter unseriösen Aufrufen im Internet stehen: „Optimalerweise eröffnet man eine Krypto-Wallet bei einem seriösen und registrierten Anbieter und kauft dort vorwiegend eine der großen, bekannten Kryptowährungen.“ Wer mehr Geld in Kryptos investieren möchte, sollte laut Dr. Posselt auf eine Hardware-Wallet (Ledger) zurückgreifen.

Sind Bitcoin & Co. auch für junge Menschen interessant?

Bei den momentan sehr geringen Sparbuchzinsen suchen viele Alternativen, um ihr Geld anzulegen. Doch sind Kryptowährungen auch für jüngere Menschen – die oft nur über geringere Geldbeträge verfügen – zu empfehlen? „Kryptowährungen üben gerade auf junge Menschen einen großen Reiz aus. Trotzdem sollten sie zunächst mit kleinen, überschaubaren Summen Erfahrungen sammeln“, schreibt Michael Posselt frisch dazu.

Der auf Kryptowährungen spezialisierte Anwalt Daniel Schwarzl empfiehlt jungen Menschen jedenfalls, sich mit Kryptowährungen auseinanderzusetzen. Aber auch er rät davon ab, alles in die neue Technologie zu investieren: „Natürlich sollte man aber nur jene Mittel investieren, auf die man nicht kurzfristig angewiesen ist und somit einen entsprechend längeren Anlagehorizont hat. Wer zum Beispiel seine gesamten Ersparnisse in eine unbekannte Kryptowährung investiert, könnte damit genauso gut ins Casino gehen“, sagt Schwarzl im frisch-Interview.

Kryptowährungen als neue Zahlungsmittel?

Doch zukünftig könnte die Blockchain-Technologie nicht nur für Anleger interessant werden. Schwarzl weist darauf hin, dass außerhalb des SEPA-Raums in Europa oft hohe Kosten für Transaktionen auf Bankkonten anfallen, weshalb Kryptowährungen dort „eine echte Alternative“ sein könnten, so der Experte.

Aktuell würden Kryptowährungen jedoch eher als Anlageprodukte eingestuft werden, sagt der Vermögensberater Posselt: „Das bestätigt auch die Einstufung der Behörden FMA und BMF im Zusammenhang mit der zukünftigen Besteuerung.“

Der Investor und Investmentbanker Gregor Rosinger verweist wiederum darauf, dass Kryptowährungen „keinen echten inneren Wert“ besitzen würden, dass der Wert von Coins nur darin bestünden, dass Nutzer daran glauben, dass er auch einen Wert hätte. „Geht dieses Vertrauen in einen Coin verloren, wird der Kurs ins Bodenlose fallen, der Coin erleidet einen Kaufkraftverlust, er inflationiert.“ Jedoch: „Spätestens wenn Bitcoin & Co insgesamt mit einem höheren einstelligen Prozentanteil im Zahlungsverkehr der Realwirtschaft ankommen wollen, werden für Kryptowährungen dieselben Rahmenbedingungen und Regeln gelten müssen, denen auch das Notenbankgeld unterliegt.“ Nur wenn Kryptos gesetzlich an die Regelungen für Banken und Wertpapierbörsen angepasst werden würden, könnten sie auch eine Rolle im realen Wirtschaftskreislauf spielen: „Bis es so weit ist bleiben Kryptowährungen hauptsächlich ein breiter Test der Blockchain-Technologie im Rahmen eines Anwendungsfalles für Hasardeure und Zocker“, so Rosinger.

„Smart Contracts“ mit Blockchain-Technologie

Rosinger sieht aber für die Zukunft einen weiteren Vorteil der Blockchain-Technologie: „Bitcoin ist eine ausgerollte Anwendung der Blockchain-Technologie. Diese kann künftig Nutzen stiften, zum Beispiel mit ‚Smart Contracts‘, mit denen Immobilienkäufe oder Versicherungsverträge dezentral abgeschlossen und gespeichert werden könnten, was eine Kostenreduktion und einen Effizienzgewinn bedeuten könnte“, sagt Rosinger im frisch-Gespräch.

Neue Besteuerung von Kryptowährungen

Einkünfte aus Kryptowährungen (insbesondere Trading-Gewinne) wurden bis zum 28. Februar 2022 über die Einkommenssteuer mit dem progressiven Tarif von bis zu 55 Prozent versteuert, sofern sie innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist wieder verkauft wurden. Im Betriebsvermögen gilt die Steuerpflicht immer.

Mit 1. März 2022 änderten sich entscheidende Regelungen in der Besteuerung der Kryptowährungen. Christian Oberkleiner, Steuerberater und Partner bei der TPA Steuerberatung erklärt im Gespräch mit frisch die neuen Steuerregeln in diesem Bereich. Demnach werden Einkünfte aus Kryptowährungen zukünftig unter die Einkünfte aus Kapitalvermögen gegliedert. Ab Anfang März 2022 werden Gewinne aus dem Tausch von Kryptowährungen gegen Fiat-Währungen (wie zum Beispiel Euro, US-Dollar etc.) oder Waren beziehungsweise Dienstleistungen dem besonderen Einkommensteuersatz von 27,5 Prozent unterworfen, mit denen auch beispielsweise Einkünfte aus Wertpapieren versteuert werden. Dies gilt für sogenanntes „Krypto-Neuvermögen“, also Kryptowährungen welche ab dem 1. März 2021 angeschafft wurden.

Täusche gegen andere Kryptowährungen sind seit 1. März 2022 steuerfrei. Interessant für Anleger mögen auch die Übergangsbestimmungen sein. Denn sämtliche Kryptowährungen, die vor dem 1. März 2021 angeschafft wurden („Krypto-Altvermögen“), werden weiter wie bisher mit der Einkommenssteuer versteuert. Daher weist Oberkleiner darauf hin, dass Kryptowährungen, bei denen die einjährige Spekulationsfrist bereits abgelaufen ist, auch zukünftig steuerfrei veräußert werden können. Werden Kryptowährungen aber nun steuerfrei gegen andere getauscht, fällt eine Besteuerung erst später bei Veräußerung gegen Fiat-Geld oder Dienstleistungen an.

Ab Anfang 2024 sollen inländische Krypto-Dienstleister auch dazu verpflichtet werden, die Kapitalertragsteuer (KESt) einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Übrigens: Geht es nach der Rechtseinschätzung von TPA, fallen „Asset-Token“, „Security Token“ und sogenannte „Non Fungible Tokens“ („NFTs“) in der Regel nicht unter die neuen Bestimmungen im Einkommensteuergesetz. Einkünfte aus dem Handel mit den geannten Tokens unterliegen somit weiterhin den Bestimmungen der Spekulationsgeschäfte, sodass deren Tausch im Privatvermögen nach Ablauf eines Jahres steuerfrei ist, bis dahin aber mit dem progressiven Tarif versteurert wird. Werden aber NFTs unter Hingabe von Kryptowährungen angeschafft, gilt dies als Veräußerung der hingegebenen Kryptowährung.

Über die Experten: 

Daniel Schwarzl ist für die Rechtsanwaltskanzlei Lumsden & Partner tätig und als Rechtsanwalt im Bundesstaat New York zugelassen. Er studierte an der WU Wien Betriebswirtschaft und Wirtschaftsrecht und schloss anschließend ein Studium an der Eliteuniversität Stanford mit Schwerpunkt auf Kryptowährungen und Technologierecht ab. Schwarzl ist außerdem gut in der Entertainment-Industrie in Kalifornien vernetzt und berät die Sebastian Schwarzenegger Management Gruppe. 

Gregor Rosinger ist Konzernchef und Generaldirektor der Rosinger Group und seit 1985 als Investor, Investmentbanker und Industrieller tätig. Insgesamt hat Rosinger weltweit 67 Unternehmen an die Börse geführt und war in mehr als 300 institutionellen Kapitalmarkttransaktionen involviert. 2016 wurde Rosinger in die Hall of Fame des österreichischen Kapitalmarkts aufgenommen. Im Auftrag seines Unternehmens notiert auch ein eigener „Rosinger Gobal Investments Index (ROSGIX)“ an der Wiener Börse. 

Christian Oberkleiner ist Steuerberater und Partner der TPA Steuerberatung GmbH. Er ist Experte für die Besteuerung von Kryptowährungen, für Rechtsformgestaltung und nationale und internationale Umgründungen von Unternehmen und verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich Konzernsteuerrecht, M&A und Due Diligence. Er betreut vor allem Klienten in der Immobilienbranche, der Informationstechnologie sowie Selbständige.

Michael Posselt ist gewerblicher Vermögensberater und allgemein zertifizierter und gerichtlich beeidigter Sachverständiger für Vermögensberatung Finanzierung und Vorsorge. Außerdem ist Posselt Fachgruppenobmann der Finanzdienstleister Tirol und Fachverbandsobmann-Stellvertreter der Finanzdienstleister der Wirtschaftskammer Österreich. 

Autor*in:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

drei × 4 =