Wie ist das, wenn die eigenen vier Wände zum Lernplatz werden und die aktuelle Situation an der Motivation zerrt? Ein Thema, das viele junge Menschen – auch Student*innen – betrifft und auf das aufmerksam gemacht werden muss: Student*innen und die Auswirkungen von Corona auf sie.
Im folgenden Beitrag wurden Student*innen anonym interviewt, um die Auswirkungen von Corona auf ihr Studentenleben zu eruieren.
Man unterscheidet zwei Arten von Student*innen in der Pandemie: Diejenigen, die schon vor der Pandemie angefangen haben zu studieren und wissen, wie es ist, ein Studentenleben zu haben – und dann gibt es diejenigen, die mitten in der Pandemie angefangen haben und es gar nicht anders kennen, als in den eigenen vier Wänden zu studieren.
„Ich und mein Bildschirm gegen den Rest der Welt“
Studierende, die ein reguliertes und „normales“ Studentenleben hatten, berichten, dass die Pandemie nicht nur ihren Präsenzunterricht eingeschränkt hat, sondern auch den regulären Austausch und die Aktivitäten mit Kolleg*innen. Gerade das Studium ist dafür da, neue Kontakte zu knüpfen, gemeinsam zu lernen, Kaffee trinken zu gehen oder sogar Freundschaften zu schließen. Dies fällt nun weg und man fühlt sich im „Distance-Learning“ allein gelassen. Statt in die Bibliothek zu gehen und sich mit anderen Student*innen und Freund*innen zum Lernen zu verabreden, ist jetzt der virtuelle Raum beziehungsweise der Laptopbildschirm zum Lernalltag geworden. Der plötzliche Wandel von normalen Studentenleben auf Fernlehre lässt manche mit der Motivation kämpfen. Student*innen, die nichts anderes kennen als die Fernlehre berichten jedoch ebenfalls von sozialer Isolation und Motivationsabfall. Allerdings kann man die Fernlehre gut mit einem Job oder sonstigen Aktivitäten (wie zum Beispiel einem Ehrenamt) vereinbaren – jedoch fehlt auch hier der reguläre Austausch mit Anderen.
Auch was die Motivation betrifft, gibt es kaum bis keine Unterschiede. Da man mehr oder weniger gezwungen ist, sich zum Studieren zu motivieren und sich das selbstständig einzuteilen, kann es einem sehr schnell an die Grenzen treiben. Man merkt einen Motivationsabfall, da die ständige Angst und Zweifel da sind, da man sich fragt, ob man jemals wieder zur Normalität zurückkehrt. Man wirft sich, aus Verzweiflung, in die Arbeitsaufgaben oder in das Lernen hinein, da man die ständige Angst hat, den Anforderungen nicht gerecht zu werden. Es wurde auch oft angemerkt, dass die soziale Isolation und der zusätzliche Druck von der Universität einem psychisch sehr nahe geht und man sich überlastet und alleine gelassen fühlt. Bemerkbar ist auch ein Anstieg psychischer Probleme.
„Die Zeit, die man hat, kann man mit niemandem teilen“
Die Befragten berichten auch von sozialer und persönlicher Isolation. Die eigenen vier Wände werden zum dauerhaften Lernplatz und alles fühlt sich entpersonalisierter an. Die häufigste Antwort auf die Frage, welche Alternativen sie benutzen, um Kontakte aufrechtzuerhalten, waren: Videochatten und über Zoom Lerngruppen gestalten. Manche berichten auch einen bemerkbaren Zusammenhalt von Student*innen und gegenseitige mentale Unterstützung. Allerdings können virtuelle Lerngruppen und Lehrveranstaltungen niemals die sozialen Kontakte ersetzen. Auch der mentale Zusammenhalt scheint zu fehlen, da man normalerweise sich gegen Semesterende, in der Prüfungsphase, mit anderen Student*innen unterhaltet, gemeinsam Druck und Frust ablässt. Die Sorgen für einen Moment zu stoppen ist schwer.
„Alles wirkt wie gestoppt, doch die Zeit rennt weiter.“
Gerade wenn man im Lockdown ist und Einschränkungen hat, ist es schwer einen Ausgleich zum Uni-Alltag zu finden. Die meisten Betroffenen gehen spazieren, treffen sich getestet mit Freund*innen zum Spazieren, betreiben Sport, pflanzen etwas im Garten an oder gestalten ihre Wohnung um. Viele nutzen auch diese Zeit, um etwas Neues auszuprobieren. Vor allem das Ausbleiben von Studentenpartys zum Networken und die Aktivitäten in Gemeinschaften fehlen den Student*innen am meisten.
Student*innen, die mit ihrem*ihrer Partner*in zusammenleben, meinen auch, dass die plötzliche Isolation und das ständige Beisammensein belastend sein können. Gemeinsame Aktivitäten zu finden – auch mal alleine raus gehen und die Wohnsituation anpassen – sind empfohlen.
Wie gehen die Universitäten und Hochschulen mit der ganzen Situation bezüglich der Organisation um? Am Anfang der Pandemie machten sich das Chaos und die Überforderung breit. Vor allem zu Beginn ist das Planen und Organisieren schwer, da man sich der neuen Situation hingeben und das bisherige System adaptieren musste. Es gab Probleme mit der Abhaltungsart, Lehrveranstaltungen und Präsenzprüfungen fielen aus, man wurde mit einer Menge an Arbeitsaufträgen bombardiert und das problematischste waren die fehlenden Informationen. Das Studieren wurde mehr als Belastung angesehen und man schaffte es nur schwer am Anfang eine kognitive Aus- und Überlastung zu reduzieren. Mit der Zeit haben es die Universitäten geschafft, eine gute Struktur zu entwickeln und Lehrveranstaltungen auch online abzuhalten. Auch Prüfungen über Zoom wurden mehr zum Thema und es wurde ermöglicht, seine Prüfungen dort abzuhalten. Allerdings gibt es auch Verbesserungsbedarf: Prüfungen, die online stattfinden, sind oft unrealistisch schwer gestaltet – mit einem geringen Zeitlimit. Vor allem am Semesterbeginn ist es schwer, sich die Termine einzuplanen, da man nicht genau sagen kann, ob die Prüfungen nun im Präsenz oder online stattfinden werden. Kritisiert wird noch immer der Informationsaustausch, da weder von der Politik, noch vom Bildungsministerium die benötigten Informationen zur Verfügung gestellt werden. Auch in dieser Hinsicht haben sich Student*innen vergessen und verloren gefühlt, da dieses Thema auch medial nicht behandelt wurde. Es wird dennoch seitens der Unis versucht, den Student*innen alles möglich zu machen und keine Nachteile herbeizuführen. Allerdings fehlt die Zukunftsperspektive: Es ist noch immer unklar, wann wieder eine Rückkehr zu einer universitären Normalität möglich ist.
Die Autorin Laura Bruckner wird dieses wichtige Thema, das ihrer Ansicht nach zu wenig in den heimischen Medien behandelt wird, weiter begleiten. In einem nächsten Beitrag wird sie Tipps und Tricks für Studierende auflisten, wie die schwierige Zeit besser zu bewältigen ist.