Über den Dschungel an Förderungen und Werbevergaben: Wie sich Medien finanzieren

Der Investigativ-Journalist Andreas Wetz beschreibt in seinem Buch „Näher als erlaubt: Wie sich die Politik mit Steuergeld Medien kauft“ akribisch Geldflüsse zwischen Regierung sowie regierungsnahmen Organisationen und den heimischen Massenmedien. Dabei beleuchtet er Presseförderung und Regierungsinserate kritisch. Ein Überblick über das Sachbuch.

Es kommt nicht allzu häufig vor, dass sich Journalisten in ihren Publikationen selbstkritisch mit der eigenen Branche auseinandersetzen. Und wenn, dann weniger im eigenen Blatt – vielmehr werden zu dem Thema Bücher geschrieben. Und so tat das auch der Investigativ-Journalist Andreas Wetz vom Nachrichtenmagazin „News“. Und zwar über ein besonders heikles Thema: Die Finanzierung der heimischen Medien. Genauer gesagt der heimischen Massenmedien. Denn kleine Medien – wie auch dieses bescheidene Online-Magazin – bekommen keinen Cent von der öffentlichen Hand für die Förderung ihrer Arbeit.

Das Buch vom „News“-Journalisten Andreas Wetz erschien im Oktober 2021. Foto ©VGN

Im vorliegenden Sachbuch geht der Journalist, der auf viel Erfahrung in der Medienbranche zurückblicken kann (zum Beispiel bei der Tageszeitung „Die Presse“ oder als Redakteur bei der mittlerweile eingstellten Recherche-Plattform „Addendum“), auf die Details verschiedener Formen der Presseförderung in Österreich ein – aber auch auf Inseratenvergaben an österreichische Medienhäuser. Dabei fällt gleich auf: Die eigentliche Presseförderung macht betragsmäßig wesentlich weniger aus als die Werbeetats der Regierenden.

Presseförderung: Exklusivförderung für einige wenige

Grundsätzlich lässt sich sagen: Das ganze Geld, das von der öffentlichen Hand ausgschüttet wird, kommt (fast) ausschließlich großen Medienkonzernen zu Gute. Da wäre zunächst die sogenannte „besondere Förderung zur Erhaltung der regionalen Vielfalt“. Wenn man den Titel liest, könnte man meinen, die Politik wolle Medien fördern, die vielleicht nicht so groß sind und daher förderwürdig sind. Beim genaueren Hinschauen zeigt sich aber, dass diese Förderung wieder nur große Medienhäuser bekommen. Denn: Die Förderung ist Tageszeitungen (die gedruckt erscheinen) vorbehalten. Und zwar solchen, die eine Auflage von nicht mehr als 100.000 Stück vorweisen können. So kommt es, dass mittlerweile nur noch vier Blätter mit dieser Förderung gespeist werden: Die „Neue Vorarlberger Tageszeitung„, die Tageszeitung „Die Presse“, „Der Standard“ und das „Oberösterreichische Volksblatt„. Das Geld geht in den ersten drei Fällen an große Medienhäuser, nämlich Russmedia, der Styria Media (zu der auch die „Kleine Zeitung“ gehört) und der „Standard Verlagsgesellschaft“. Und das Oberösterreichische Volksblatt ist ohnehin nicht unabhängig: Es gehört der ÖVP Oberösterreich.

„Besondere“ Presseförderung, ausgeschüttetes Volumen seit 2004 (vollständige Liste):

TitelZeitraumSumme in Millionen EuroEigentümer
Die Presse2004-202017,4Styria Media Group
Der Standard2004-202016,5Familie Bronner
OÖ Volksblatt2004-202013,2ÖVP OÖ
NEUE VT2004-202012,0Russmedia
Quelle: Andreas Wetz, „Näher als erlaubt“ (VGN), Seite 39

Dann gibt es noch die „allgemeine Presseförderung“, also die Vertriebsförderung. Darunter fallen auch Wochen- und Monatszeitungen/-zeitschriften sowie Magazine. Also beispielsweise auch jener Titel, nämlich „News„, für den Wetz‘ Arbeitgeber, die Verlagsgruppe News (VGN), Förderungen erhält. Aber auch hier streifen wieder im Wesentlichen die großen Medienhäuser die Gelder ein. Online-Medien bekommen auch bei dieser Förderung keinen einzigen Euro. Wie diese überhaupt (fast) nicht gefördert werden. Auch nicht von der neuen Förderung der Türkis-Grünen Bundesregierung, die jetzt die „digitale Transformation“ von Medienhäusern unterstützen möchte. Aber nur die „Transformation“. Also keine neuen Online-Medien; unterstützt werden nur etablierte Medienhäuser, die bereits ein Print-Produkt haben und jetzt dafür gefördert werden, wenn sie ihre Online-Redaktionen ausbauen beziehungsweise überhaupt solche betreiben.

Letztlich entscheidet – auch bei den restlichen, kleineren Fördersäulen, auf die Wetz auch im Buch im Detail eingeht – eine politisch besetzte Förderkommission. Hier bleibt also selbst bei der für die Politik gelegen kommenden Gesetzeslage der Einfluss bei der Regierung, allen voran beim Bundeskanzleramt, vorhanden. Wie könnte es auch anders sein.

Korrumpierung der Medien durch Millionen-Inserate?

Die Presseförderung bietet also samt politisch besetzter Förderkommission schon indirekt Möglichkeiten der Beeinflussung auf Redaktionen. Viel einfacher geht die Beeinflussung aber durch Inserate: Sie können mehr oder weniger beliebig gelenkt werden und an weniger liebsamen Zeitungen/Magazinen auch vorbeigeleitet werden.

Und mengenmäßig machen die Inserate ohnehin deutlich mehr aus als die Presseförderung. Wetz‘ Berechnungen zufolge waren es alleine im Zeitraum von 2013 bis 2020 insgesamt 117 Millionen Euro an Werbeausgaben der Österreichischen Bundesregierung. Und dabei sind die Werbeausgaben der Länder, Gemeinden und öffentlich-rechtlichen Unternehmen noch gar nicht dabei. Zum Vergleich: Die Deutsche Bundesregierung gibt – obwohl die Bundesrepublik einwohnermäßig rund zehnmal größer ist – 130 Millionen Euro für Werbung bei Zeitungen aus.

Privates über Medienmanager

Aber nicht nur rein um Zahlen geht es in dem Werk von Andreas Wetz. Zwar überwiegend – aber man liest unter anderem auch, dass Eugen A. Russ, Geschäftsführer und Gesellschafter von Russmedia (VN, Vol.at, Wann&Wo, …) „leidenschaftlicher Tesla-Fahrer“ sei. Oder wenn Wetz über den Herausgeber der Oberösterreichischen Nachrichten (Wimmer Medien Holding), Rudolf Andreas Cuturi, schreibt, erwähnt er auch den Autobesitz von Cuturi: Ein Bentley, mehrere Jaguar-Oldtimer und ein Porsche 365 wären darunter.

Resümee

Für Medien- und Politikinteressierte und Menschen im beruflichen Umfeld der beiden Bereiche ist „Näher als erlaubt“ von Andreas Wetz Pflichtlektüre. Jedoch erfordert das Werk wirklich ein ausgeprägtes Interesse und auch Vorkenntnisse in dem Bereich. Ansonsten könnte die Lektüre schnell sehr anstrengend werden. Weiters ist ein Interesse für Zahlen vorteilhaft beim Lesen des Buches.

Respekt vor Andreas Wetz, der in dem Buch einerseits verschiedenste Zahlen auswertet und ins Verhältnis setzt (dabei hätten ihm aber auch die Arbeiten der FH Joanneum sehr geholfen, die mit der Seite medien-transparenz.at ein Tool zur Auswertung der Medientransparenz-Datenbank erstellt hat). Andererseits auch Respekt für das Erzählen von so manchem Versuch der Einflussnahme auf Redaktionen, die Wetz (auch wenn größtenteils nur anonymisiert) in seinem Werk schildert.

frisch-Chefredakteur Lucas Ammann hat mit Andreas Wetz von "News" im Rahmen eines Vorarlberg-Besuchs im April ein 
Interview geführt. 
Mehr dazu in Kürze auf www.frischnews.at

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