„Sonne“ – eine Filmempfehlung

Am 9. September kommt Kurdwin Ayubs erster Spielfilm „Sonne“ in die österreichischen Kinos. frisch hat ihn sich bereits für euch angesehen und ein paar Gedanken dazu gemacht.

Handlungsmäßig dreht sich alles um eine Jugendliche kurdischer Herkunft und ihre beiden besten Freundinnen, die sich im Spaß Hijabs anziehen und zu REM´s „Losing my religion“ tanzen. Das Video davon wird nicht nur von ihren Eltern, sondern auch von vielen anderen im Internet entdeckt und zu einer polarisierenden Berühmtheit. Sie treten auf mehreren Hochzeiten nahöstlicher Familien auf, bis zwei der Gruppe kurdische Extreme kennenlernen und sich im Laufe dessen immer mehr von der fremden Kultur mitreißen lassen. Das Ende lässt nichts zu kurz kommen, doch soll es hier noch nicht vorweggenommen werden.

Der Trailer zum Film.

Zunächst sollen einmal Drehbuch und in nahestehendem Kontext auch die Schauspieler hochgehalten werden. Nicht nur macht die Handlung Sinn und jede kleine Aktion der Charaktere lässt sich aus deren Art schlüssig erklären. Sondern besonders die spontan klingenden Dialoge brillieren, für die man anfangs das Drehbuch verantwortlich machen mag, dann aber im Zuge von Recherchen herausfindet, dass sie meist auf den Improvisationsspielraum des Schauspieler- und Regieteams zurücklaufen. Interessanterweise finden sich unter diesen ausgezeichneten Darstellern auch einige Laiendarsteller. So hat die Regisseurin beispielsweise ihre eigenen Eltern für die der Protagonistin gecastet, was sich in der großartigen Familiendynamik als gute Entscheidung erweist.

Prägung durch soziale Medien

Regie und Kamera sind von einem besonders intensiven Social-Media-Einschlag geprägt. Denn ein Großteil der Bilder wurde nicht mit der klassischen Arri Filmkamera aufgenommen, viel eher bediente sich die Regisseurin Handyvideos und Computerkameras – gepaart mit den bekannten sozialen Medien Instagram, WhatsApp oder Youtube. Die wenigen Kamerashots weisen eine direkte Rohheit auf, denen trotz des unästhetischen Erscheinens ihre Natürlichkeit nicht abzusprechen ist. 

Besonders intensiv für das Publikum ist der Schnitt, der sich an eine Geschwindigkeit hält, die es mit der Aufmerksamkeitsspanne einer Social Media Generation aufnimmt. Rasch folgt Szene auf Szene, wobei auch brutale Jump Cuts (=Sprungschnitt) keine Seltenheit sind. Kombiniert wird dieser wilde Schnitt mit einwandfreiem Sounddesign, der hin und herreißt, wenn von lauten Videos auf stumme Bilder gewechselt wird.

Persönliches Resümee

Als erste Reaktion empfand ich den Film beim Verlassen des Kinos als sieben Jahre verspätet. 2015 wäre er einerseits wegen der noch relativen Neuheit von Social Media Plattformen, wie Instagram, andererseits wegen der breitflächigen politischen Debatte über die Kultur des Islams ins Österreich besser aufgehoben gewesen. Von dieser Ansicht habe ich mich allerdings rasch wieder gelöst.

Social Media Inhalte und digitale Selbstdarstellung sind der Regisseurin seit längerer Zeit ein Anliegen, das nicht nach Aktualität verlangt. Auch das Aufeinanderprallen der Kulturen ist ein Thema, das heute noch genauso, wenn auch nicht mehr so politisch, präsent ist, wie es das vielleicht vor ein paar Jahren war. Der Film zeigt hier interessanterweise wie bei allen Charakteren die eine Kultur die andere verdrängt – und sich nicht, wie es vielleicht eher sein sollte, miteinander vermischt. Die Charaktere gehen uns mit jugendlicher Naivität und Lebenslust als vielleicht warnendes Beispiel voraus und verstecken sich hinter Traditionen, die teilweise nicht einmal mehr unsere Elterngeneration interessiert.

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