Rick and Morty – Zwischen Zukunftsfernsehen und traditionellem Trash

Die Quoten sind jenseits von Gut und Böse, die Kritiker und Fans begeistert. Gerade bringt Rick and Morty ihre fünfte Staffel heraus, gilt aber schon lange davor als beispielloser Gamechanger des modernen Fernsehens. Doch wie viel Neues hat sie uns wirklich gebracht? Wir blicken zurück.

In der Wirtschaft gibt es den Begriff „Blue Ocean“, deren klassische Beispiele Star Bucks oder Apple sind. Im Gegensatz zum „Red Ocean“ wird darunter ein Unternehmen verstanden, das etwas derart Einzigartiges anbietet, dass es am Markt kaum Konkurrenten gibt. Ein Konzept, das sich einige, darunter auch Filmschaffende verwirklichen wollen. Mit der Serie Rick and Morty, die mittlerweile seit 2013 auf dem Sender Adult Swim veröffentlicht wird, scheinen die Produzenten Dan Harmon und Justin Roiland genau das erreicht zu haben. Eine einmalig eigene Sendung, die sich von allen anderen abhebt. Ganz so eindeutig ist das aber nicht.

Bevor man Rick and Morty zu hoch hebt, sollte genauer hingesehen werden. Humor und Unterhaltung sind den Köpfen hinter der Serie stets das erstrangige Ziel. Handlungsmäßig wird von einem Großvater und seinem Enkel erzählt, die das Universum bereisen und dabei alles Mögliche erleben. Humoristisch wird hierbei teilweise auf eine Trickkiste zurückgegriffen, die man am Bildschirm nicht zum ersten Mal sieht, oder überhaupt auf Witze, die eigentlich nur von Zusammenhangslosigkeit leben. Wie man übrigens sehen wird, erreicht genau diese „Randomness“ in ihrer neuen Staffel einen Höhepunkt. Und auch die Technik hält sich, was Regie und Animation betrifft, im bekannten Rahmen. Nun muss das aber nichts Schlechtes sein. Schließlich handelt es sich um eine Animationsserie und nicht um eine französische Literaturverfilmung.

Doch die Drehbücher machen bereits einen ersten Schritt in eine andere Richtung. Mit seinem eigens entworfenen „Story Circle“, der sogar in einer Folge namentlich erwähnt wird, hat Dan Harmon ein System gefunden, auf eine niemals langweilig werdende Weise zu schreiben. Nicht nur sind die Dialoge und Charaktere ganz ausgeklügelt, es findet sich auch bei mittlerweile fünf Staffeln keine Folge, die aus diesem Muster fällt.

Obwohl die Serie also viel mehr als nur das ist, folgt sie zunächst dem Schema der amerikanischen Sitcom. Der Aspekt, eine breite Masse vor den Fernseher zu holen, steht ständig im Vordergrund und stellt philosophische und sozialkritische Ansätze grundsätzlich in den Schatten. Hier lohnt sich auch ein Blick auf andere Serien, die dieses Konzept prägen, wie The Simpsons und Family Guy. Der Unterhaltungswert wird durch witzige Dialoge, Gesellschaftskritik und zynische Parodien erreicht. Rick and Morty will aber noch weitergehen.

Quelle: ©Flickr

Denn um die Serie selbst zu zitieren:

Seems kind of cynical. I just don´t like taking cheap shots“ – Morty Smith in Never Ricking Morty

Die Kombination aus Witz, Parodie und Zynismus gibt Künstlern die Macht, Ungerechtigkeiten aufzuzeigen, Klischees zu entlarven und alteingesessene Irrtümer zu beseitigen. Und während all das wichtig ist, führt es alleine doch zu nichts. Denn Rick and Morty hat es als eine der wenigen Fernsehsendungen verstanden, dass es sinnlos ist, Werte und Gesetzlichkeiten anzugreifen, wenn man nicht etwas Neues an deren Stelle setzt. Und wenn sie sich über die Unendlichkeit des Universums und die lächerlichen Versuche der Menschheit, ein Verständnis darüber zu bekommen, lustig machen, fügen sie dem oft ein liebevolles Schulterklopfen hinzu.

Dieses Schulterklopfen sieht die Serie vor allem in Beziehungen zu Menschen untereinander. Obwohl wir nach ihren eigens aufgestellten Gesetzen alle völlig austauschbar und belanglos sind, bleiben die Charaktere wissentlich beieinander. Dadurch entsteht eine weitere Sache, die für klassische Sitcoms ganz untypisch ist. Die Charaktere entwickeln sich weiter. Das ist das Publikum sonst nicht gewohnt, denn Homer Simpson wird immer dieselben Fehler machen, ohne daraus zu lernen, und Peter Griffin wahrscheinlich noch mehr. Letztlich ist es genau das, was Rick and Morty so ansprechend macht. Es sind lauter Charaktere, die miteinander nach Sinn suchen und auf ihrer Reise die Welt, ihre Mitmenschen und sich selber kennenlernen. Wer weiß, vielleicht sogar auch wir uns.

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