Der Grüne-Nationalratsabgeordnete Ralph Schallmeiner spricht im Gespräch mit „frisch“-Redakteur Markus Gratzer über die Corona-Impfungen für Kinder und Jugendliche. Er diskutiere gerne mit Corona-Impfgegner*innen und Impfskeptiker*innen und investiere dabei viel Zeit, um diese vom Gegenteil zu überzeugen.
Markus Gratzer (frisch): Sollen sich Kinder und Jugendliche gegen das SARS-CoV-2 Virus impfen lassen?
Ralph Schallmeiner: Es gibt die Empfehlungen von Expert*innen, ab zwölf Jahren zu impfen. Unter zwölf Jahren wäre ich auch nicht für eine Corona-Impfung, so lange es keine Empfehlung von Expert*innen gibt. Dort, wo es eine Empfehlung gibt, bin ich für eine Impfung. Es ist aber die Entscheidung von jeder*m Einzelnen, sich impfen zu lassen.
Kinder und Jugendliche gehören nicht primär zur Risikogruppe. Warum soll dennoch diese Gruppe geimpft werden?
Schallmeiner: Zum einen reden wir einmal über Jugendliche ab 12 Jahren, denn für diese gibt es derzeit eine Freigabe von zwei Impfstoffen: „Moderna“ und „Biotech/Pfizer“. Zum anderen haben diese Jugendlichen selber Eltern, Großeltern oder auch Risikopersonen im direkten Umfeld und können für diese zum Überträger werden. Die Impfung mag nicht hundertprozentig vor einer Weitergabe schützen, dämpft aber das Risiko selber zum Überträger zu werden deutlich. Außerdem ist das Risiko an den Folgen von Covid zu leiden – also LongCovid – für junge Menschen deutlich höher als für ältere Personen, und da wiederum sind ungeimpfte Personen nochmals mehr im Risiko. Zu guter Letzt: Die Impfung schützt in jedem Fall mit einer sehr hohen Wirksamkeit vor schweren Verläufen.
„Die Impfung schützt in jedem Fall mit einer sehr hohen Wirksamkeit vor schweren Verläufen.“
NAbg. Ralph Schallmeiner (Grüne)
Ein deutscher Arzt gab in einem Interview zu verstehen, es gebe nur zwei Möglichkeiten: Impfung oder Durchseuchung. Wie bewerten Sie diese Aussage des Mediziners?
Schallmeiner: Impfung oder Durchseuchung ist mir zu sehr schwarzweiß. Es ist wahrscheinlich drastisch betrachtet durchaus die letzte Konsequenz. Zum Glück sind wir noch nicht soweit. Ich glaube aber sehr wohl, dass es klug ist, wenn Kinder und Jugendliche geimpft werden. Jetzt nicht nur gegen Corona, sondern generell! Wir haben viele Krankheiten, wie zum Beispiel Pocken, Polio oder Masern, nur deswegen in den Griff bekommen, weil es eine dementsprechende Impfkampagne gab.
Was sind die Sorgen der Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen?
Schallmeiner: Als Vater von zwei Kindern überlege auch ich jede Impfung, die ich an meinen Kindern vornehmen lasse. Denn egal um welche Impfung es sich handelt, eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nie, egal ob Covid, Masern oder sonst etwas. Ich persönlich würde meine Kinder jedenfalls auch gegen Covid impfen lassen, wenn die Zulassung für das Alter der unter 12-Jährigen kommen sollte. Aber das ist die Entscheidung, die meine Frau und ich gemeinsam getroffen haben, und die Grundlage dafür ist die Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA). Für alle, die derzeit überlegen, ob sie ihre Kinder über 12 Jahren impfen lassen wollen, empfiehlt sich auch die Einschätzung, dass die vierte Welle wohl die Welle der ungeimpften Personen sein wird, da gehören dann Kinder und Jugendliche auch dazu.
Verstehen Sie die Eltern, die sagen, sie wissen nicht, welche langfristigen Folgen eine Impfung für ihre Kinder haben wird und deshalb lassen sie diese auch nicht impfen?
Schallmeiner: Ja, ich kann es angesichts der vielen sich immer wieder widersprechenden Informationen nachvollziehen. Das ist es, was ich militanten Impfgegner*innen, wie es sie auch gibt, vorwerfe. Vieles von dem, was derzeit vor allem in Social Media herumgeistert, ist nicht selten einfach ohne Substanz und ohne Evidenz. Sich hinzustellen und Bitterstoffe als mögliche Behandlung von Covid anzupreisen und dann zudem Hunderte oder gar Tausende Impfopfer zu erfinden, nur um politisches Kleingeld zu schlagen, das geht nicht in einer solch wichtigen Frage. Vor allem, weil es den Fokus von Evidenz und Wissenschaft wegnimmt und Verunsicherung fördert.
„Vieles von dem, was derzeit vor allem in Social Media herumgeistert, ist nicht selten einfach ohne Substanz und ohne Evidenz.“
NAbg. Ralph Schallmeiner (Grüne)
Kann man mit Impfgegner*innen und Impfskeptiker*innen überhaupt diskutieren?
Schallmeiner: Natürlich kann man mit Impfgegner*innen und Impfskeptiker*innen diskutieren, aber es ist halt die Frage, wie viel Zeit man investieren möchte. Ich persönlich investiere viel Zeit, weil es mir auch wichtig ist, dass man im Gespräch bleibt. Ich kann nicht alle überzeugen, aber ich bringe viele zum Nachdenken. Bei manchen bringt es jedoch gar nichts und dann habe ich auch schon Diskussionen abgebrochen. Es werden oft unwissenschaftliche Dinge behauptet, die keinen Sinn machen. Aber mit den meisten kann man wertschätzend debattieren.
Versuchen Sie diese vom Gegenteil zu überzeugen?
Schallmeiner: Mit solchen Kritiker*innen diskutiere ich ganz oft und gerne. Da geht es auch für mich selbst ans Eingemachte. Und ich spreche dabei auch als Vater: Diejenigen, die das Impfen ablehnen gefährden andere Kinder und andere Menschen. Eine hohe Durchimpfungsrate ist der beste Schutz, nicht bei allen Erkrankungen, aber bei sehr vielen, um einen massiven Ausbruch zu verhindern. Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit bei den Impfungen, aber eine sehr hohe. Impfen ist für mich ein Akt der Solidarität!
„Impfen ist für mich ein Akt der Solidarität!“
NAbg. Ralph Schallmeiner (Grüne)
Viele verweisen auf die hohe Nebenwirkungsrate: Können diese Nebenwirkungen vor einer Impfung abschrecken?
Schallmeiner: Das mit den Nebenwirkungen muss man schon in Relation setzen. Wir impfen an manchen Tagen so viele Menschen wie sonst in einem Jahr. Und dabei gibt es die eine oder der andere eine Nebenwirkung. Da brauchen wir uns gar nichts vormachen. Dass es zu einer Nebenwirkung kommt, das ist klar! Das ist in der Natur der Mathematik!