NEOS: Genug Reformdrang für eine Regierungsbeteiligung?

Die NEOS stehen für Reform, Bildung und Entlastung, ob sie damit den Sprung in die Regierung schaffen oder weiterhin nur Kleinpartei bleiben, werden die Wählerinnen und Wähler am 29. September entscheiden.

Die NEOS (Das Neue Österreich und Liberales Forum) sind schon seit einiger Zeit Teil der österreichischen Parteienlandschaft. Seit 2012 besteht „Das Neue Österreich“, welches 2014 mit dem „Liberalen Forum“ fusioniert zu der Partei geworden ist, die nun auch jetzt wieder, am 29. September, um die Stimmen der Wählerinnen und Wähler wirbt. Bei den vergangenen Nationalratswahlen 2013, 2017 und 2019 erzielten die NEOS je 5%, 5,3% und 8,1%, es ist dies zwar immer eine Steigerung, aber eine recht undramatische. Zusätzlich zu ihren Erfolgen, in den Nationalrat einzuziehen, gehören das Mitwirken im Europäischen Parlament in Brüssel und an der Wiener Landesregierung durch Christoph Wiederkehr als Vizebürgermeister.

Seit der Gründung der Partei, durch den früheren Frontmann Matthias Strolz, zeichnet sie ein besonders Verfahren aus, um die Listenplätze für bevorstehende Wahlen festzulegen. Vor jeder Wahl, an der Das Neue Österreich und Liberales Forum teilnimmt, wird online eine Vorwahl abgehalten, um die Mandate an die Kandidaten zu verteilen. Mit dieser Herangehensweise an den (Vor-)Wahlkampf unterstreichen die NEOS einen ihrer großen Identifikationspunkte: Sie fordern Reformen der, in ihren Augen, veralteten Parteistrukturen. Die NEOS sind hier die einzige Partei, die bei solchen Vorwahlen alle Bürgerinnen und Bürger zulassen. Die anderen traditionellen Parteien lassen nur Parteimitglieder für die Aufteilung von Mandaten zu, wenn denn überhaupt jemand außer den großen Funktionären dort etwas zu sagen hat.

Politisch gesehen sind NEOS, laut einer politikwissenschaftlichen Beschau der Universität Wien von 2016, „eine klassische Partei der Mitte“. Selbst- und Fremdbeschreibungen sehen die Partei dabei politisch zwischen ÖVP (Österreichische Volkspartei) und den Grünen, wobei die meisten Überschneidungen mit der ÖVP bei der Steuer- und Wirtschaftspolitik geschehen und mit den Grünen bei Bildungs- und Gesellschaftspolitik. Sie können damit „tatsächlich als Vertretung für ein modernes, liberales Bürgertum betrachtet werden“, wie die Studie findet.

Thematisch gesehen sind die wichtigsten Punkte und Forderungen der NEOS in den Bereichen Bildung, Europa und direkte Demokratie zu verorten. Bildungspolitisch fordern sie stärkere Autonomie der Schulen aber auch eine einheitliche mittlere Reife, womit ein Wettbewerb der Schulsysteme geschaffen werden soll. Auf europäischer Ebene stehen die NEOS für einen europäischen Bundesstaat, auf nationaler Ebene blicken die NEOS auf die Zukunft des Pensionssystems, das sie mit Reformen auch für die zukünftigen Generationen, etwas auf Kosten der derzeitigen Generationen, erneuern wollen.

Der Spagat zwischen Türkis und Grün

Bei der Sozialpolitik, die viele Überschneidungen mit den Grünen zeigt, steht Das Neue Österreich und Liberales Forum für ein selbstentworfenes Bürger/Bürgerinnengeld, lehnen aber gleichzeitig eine Substanzbesteuerung von Erbschaften oder Vermögen ab, was wieder ihre wirtschaftspolitische Nähe zur ÖVP unterstreicht. Wieder näher zu den Grünen positionieren sich die NEOS, wenn es um die Legalisierung von Cannabis geht, die sie unterstützen. Ihren liberalen Werten folgend, sind die NEOS für eine Privatisierung der öffentlichen Anteile von Telekommunikations-, Energie- und Verkehrsbetrieben.

Für den nun schon laufenden Wahlkampf bieten die NEOS, in ihren eigenen Worten, Reformen für die Wählerinnen und Wähler. Ganz besonders unterstreicht die pinke Partei hierbei die Bildung. Laut NEOS wird das österreichische Bildungssystem von einem wachsenden Lehrermangel und einer zu komplizierten Bürokratie bedroht. Um die zukünftigen Generationen – deren Bedürfnisse sich die Pinken auf die Fahne geschrieben haben – gut auszustatten soll eine „Rekrutierungsoffensive“ mit 20.000 zusätzlichen Pädagogen und Pädagoginnen neue und bessere Verhältnisse schaffen, wobei Anreize den Lehrberuf attraktiver gestalten sollen.

Neben der Bildung streichen die NEOS auf ihrer Website eine Pensionsreform und eine Steuerentlastung als wichtigste Punkte ihres Wahlkampfes für 2024 heraus. Die Pensionen sollen mit einer Flexibilisierung des Pensionsantrittsalters ab 62 Jahren und einer Stärkung der privaten Vorsorge durch steuerbegünstigte Vorsorge- und Pensionskonten für die Generationen der Zukunft zugänglich gemacht werden. Auch sollen diese zukünftigen Generationen einen jährlichen Blick auf die Pensionen erhalten und mit einem einfachen Pensionsrechner ausgestattet werden. Die Steuerentlastung der NEOS sollen die effiziente Verwendung von Steuergeld erhöhen um so auch Betriebe wettbewerbsfähiger zu machen.

Während die Großparteien wie SPÖ (Sozialdemokratische Partei Österreich), ÖVP und FPÖ (Freiheitliche Partei Österreich) meist um die Stimmen der Pensionisten kämpfen, könnte diese Taktik der NEOS bei den Einsparungen im Bereich der Pension weniger Pensionisten zu NEOS-Wählern machen.

Koalitionspolitisch – und das ist schon lange kein Alleinstellungsmerkmal mehr – unterstrich die Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger im TV-Duell mit dem FPÖ-Spitzenkandidaten erneut ihre Ablehnung eines Kanzlers, Vizekanzlers, oder sonstigem Regierungsmitglieds Herbert Kickl.

Das Ziel der NEOS für den 29. September ist ein zweistelliges Ergebnis. Auch wenn dieser Wunsch durchaus Wahrscheinlichkeit werden könnte, wirkt er doch etwas wenig ambitioniert. Wenn die NEOS tatsächlich ihre vielen Reformen durchbringen möchten und Österreich zu dem machen, wovon sie träumen, wird ein schlicht zweistelliges Ergebnis nicht ausreichen. Aber, auch wie es beim Wahlkampauftakt der Partei gesagt wurde, die Entscheidung liegt schlussendlich bei den Wählerinnen und Wählern.

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