Europas größtes Flüchtlingslager wurde durch einen Großbrand dem Erdboden gleichgemacht. 13000 Migranten hatten dadurch weder Verpflegung noch ein Dach über dem Kopf. Innerhalb der EU gibt es jedoch unterschiedliche Lösungsansätze für die Migrationsproblematik in Europa.
„Moria, der Weg nach Europa“
Diesen Gedanken hatten sicherlich viele Migranten auf der Flucht aus ihrer Heimat mit dem großen Ziel vor Augen: Europa. Doch diesem Ziel wurden viele Steine in den Weg gelegt. Denn seit die Grenzen Europas dicht sind, sitzen tausende von Menschen in dem Flüchtlingslager Moria auf er griechischen Insel Lesbos fest. Dieses wäre ursprünglich für 2800 Personen errichtet worden, für mehr durch einen Stacheldrahtzaun versperrt. Alle weiteren Ankömmlinge, am Höhepunkt bis zu 18000 Menschen, verblieben rund um das zentrale Camp im sogenannten „Jungle“. Die Situation begann durch das EU-Türkei-Abkommen von 2016, wodurch eine Reduzierung der Fluchtbewegung über die Türkei angestrebt wurde, prekär zu werden. Durch die seit Anfang 2020 präsente Corona-Krise eskalierte der dortige Zustand.
Am Montag 7.9.2020 kam es zu Differenzen aufgrund von Quarantänemaßnahmen, wobei ein 19-jähriger Asylsuchender erstochen und weitere Personen verletzt wurden. Am 9.9.2020 wurde an mehreren Stellen des Lagers Feuer gelegt, welches sich durch den Wind schnell über das ganze Areal ausbreiten konnte. Innerhalb weniger Stunden standen die Menschen, die zuvor schon mit beinahe nichts auskommen mussten, auf der Straße und wussten nicht mehr wohin.
Unterschiedliche Vorgehensweisen, die die EU spalten
Was daraufhin mit den Menschen auf Lesbos passieren soll, liegt an der EU. Denn eines ist klar, dort können sie nicht bleiben. Doch wie auch schon aus der Vergangenheit bekannt, ist die Europäische Union kein Überflieger in Sachen Migrationspolitik. Uneinigkeiten und Streitereien zwischen den Mitgliedstaaten gehören immer wieder zur Tagesordnung. Auf der einen Seite gründeten die zwei Großmächte Deutschland und Frankreich die Deutsch-Französische-Initiative, die sich klar für die Aufnahme von Migranten, und zwar vor allem von Kindern und Jugendlichen aussprach. 10 EU-Mitgliedstaaten und Anhänger dieser Initiative wollten hierbei Migranten aufnehmen. Ob die Problematik so gelöst werden kann, ist fraglich.
In Opposition dazu Österreichs türkise Führung. Die Neue Volkspartei Österreichs plädiert für nachhaltige Hilfe vor Ort und war strikt gegen die Aufnahme von Migranten. Doch dadurch ernten unser Kanzler sowie seine Minister nicht gerade viel Lob seitens der EU.
So zum Beispiel vom luxemburgischen Minister für Immigration und Asyl sowie auswärtige und europäische Angelegenheiten Jean Asselborn. Er bezeichnet Sebastian Kurz als Missetäter, der die kritische Situation zuallererst zu verantworten habe. Für die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sei Österreichs Haltung zu dem Thema „nicht gut“.
Griechenlands Regierung selbst schien jedoch auf Seiten Österreichs zu sein. Es sei wichtig, den Migranten nicht die Botschaft zu übermitteln, sie könnten aufs Festland Europas gelangen, indem sie das Lager anzünden. So sollen nicht nur Flüchtlinge aus Moria sondern auch von anderen griechischen Lagern nach zum Beispiel Deutschland, welches 1500 Menschen aufnehmen will, gebracht werden.
Widerstand auch innerhalb der Staatsgrenzen
Doch nicht nur von Seiten der EU gibt es Widerstand. Die SPÖ, NEOS und sogar der grüne Koalitionspartner plädierten stark für die Aufnahme von Asylsuchenden in Österreich. So kritisierten die Sozialdemokraten die Kaltherzigkeit der Regierung, ihr fehle es laut Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch an Mitgefühl und Menschlichkeit. Aber nicht nur Türkis sondern auch die Grünen wiesen seiner Meinung nach ein gewisses Fehlverhalten auf. Sie würden nichts als Ausreden auf den Tisch bringen und hätten deshalb versagt. Man muss jedoch bemerken, die Grünen stehen im Zwiespalt zwischen der Haltung ihrer Partei und der ihrer Koalitionspartner. Stehen sie zur Volkspartei, übt die Opposition Kritik aus, doch stellen sie sich gegen die ÖVP, könnte es zum Koalitionsbruch kommen.
Zusätzlich gab es auch innerhalb der Volkspartei Unstimmigkeiten. Einige ÖVP-Ortschefs argumentierten für einen menschlichen und christlich-sozialen Zugang, Platz und Geld sei ja immerhin in Österreich genug. Trotz des starken Widerstandes schien die ÖVP nicht vorzuhaben, ihre harte Linie in Sachen Migrationspolitik zu durchbrechen und hielten weiterhin an ihrem Entschluss fest.
Nachhaltige Hilfe
Bundeskanzler Sebastian Kurz blieb trotz aller Überzeugungsversuche seitens der EU, der Opposition und auch der eigenen Partei auf Kurs. Doch ob man hierbei von nachhaltiger Hilfe sprechen kann, sei dahingestellt. Wie Reporter aus Lesbos berichten, kam ein Hilfspaket aus Österreich, welches schon vor Monaten weggeschickt werden sollte, nie auf der Insel an. Denn die griechische Regierung übe hierbei eine Verzögerungstaktik aus, wodurch die prekäre Situation in Moria bewusst provoziert worden sei, so die Grünen-Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedic.
Um die Situation zu entlasten hat die griechische Regierung das UNHCR beauftragt, ein neues Lager in Kara Tepe zu errichten. Dort könnte auch die Covid-19 Pandemie gut gemanagt und somit die Zahl der an dem Corona-Virus verstorbenen Personen geringgehalten werden.
Aktuelle Situation auf Lesbos
Mittlerweile wurde ein neues Zeltlager auf einem Militärgelände auf Lesbos errichtet, wo zurzeit ca. 7300 Flüchtlinge untergebracht seien. Der Zustand dort sei jedoch fatal. Journalisten berichten von kaum vorhandenen Sanitäranlagen, weder Decken noch Winterkleidung stehe zur Verfügung und auch nur eine sehr begrenzte Anzahl an Ärzten befinde sich in dem Flüchtlingslager. Die Personen selbst sind innerhalb des Stachelzauns eingesperrt, Ausgang sei ihnen nur einmal pro Woche gewährt. Als Konsequenz verschlechtere sich die Stimmung zunehmend, die Menschen seien mehr als deprimiert, vor allem da sie wissen, dass das anstehende Winterwetter die Situation nicht erleichtern wird.
Man kann nur hoffen, dass die griechische Regierung, die EU und auch die einzelnen Mitgliedsstaaten eine baldige Lösung finden, um den Menschen auf Lesbos wieder ein lebenswertes Leben zu ermöglichen.
Dieser Artikel wurde am 31. Dezember 2020 auf dem mittlerweile stillgelegten Portal www.yna.at veröffentlicht. |