Klimawandel und Gletscherschmelze – Interview mit Jonathan Fipper

Jonathan Fipper ist Masterstudent an der Universität Graz im Bereich „Angewandte physische Geographie und Gebirgsforschung“. Er arbeitet für das Austrian Polar Research Institute (APRI) und widmet sich der Polarforschung — einem faszinierenden Feld, das entscheidende Einblicke in die Dynamik des Klimawandels bietet. Chefredakteurin Chiara-Marie Hauser unterhielt sich mit Jonathan über Polarforschung und die Relevanz des Klimawandels für junge Menschen.

Jonathan, wie bist du zur Polarforschung gekommen?
Schon in meiner Kindheit war ich ein Fan vom Winter. Unter anderem habe ich deswegen auch Geographie studiert — da das Fach mein Interesse an Klima und Wetter gut vereint hat. Mein Bachelorstudium habe ich in Freiburg absolviert, inklusive eines Auslandsaufenthalts in Norwegen, wo ich erste Einblicke in die Gletscherforschung erhielt. Ein Praktikum am deutschen Alfred-Wegener-Institut, bei dem ich mit einem engagierten Betreuer am grönländischen Eisschild forschte, hat mich dann endgültig für die Polarforschung begeistert. All diese Erfahrungen haben mich schließlich zu meinem Master an der Uni Graz geführt.

Worum geht es in deiner Masterarbeit?
Ich untersuche vertikale Temperaturgradienten, also wie die Temperatur mit der Höhe zu- oder abnimmt. Im vergangenen Sommer haben wir dazu Messungen in Nordostgrönland durchgeführt. Jetzt werte ich die Daten aus, um herauszufinden, wie schmelzendes Eis und Schnee diese Temperaturgradienten beeinflussen. Ziel ist es auch, die Auswirkungen auf den Klimawandel besser zu verstehen.

Was ist das Austrian Polar Research Institute (APRI) und welche Rolle spielt es in der internationalen Forschung?
Das APRI kann man als Dachinstitut beschreiben, das Forschende aus verschiedenen Institutionen vereint, die im Bereich der Polarforschung tätig sind und es existiert seit etwa elf Jahren. Im internationalen Vergleich ist es natürlich kleiner als große Institute aus Ländern mit spezifischer Forschungsfinanzierung für die Polarforschung. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass durch das Engagement der Forschenden in Österreich sehr viel bewegt wird, auch ohne großes Budget.

Was sind die größten Herausforderungen bei der Forschung in den Polarregionen?
Die größte logistische Herausforderung ist sicher die Abgeschiedenheit. Man kann dort nicht oder nur selten dauerhaft arbeiten, es ist teuer und aufwendig, Teams in diese Regionen zu bringen. Das führt dazu, dass vor Ort nur wenige kontinuierliche Datenerhebungen stattfinden. Wissenschaftlich betrachtet sind diese Daten aber extrem wichtig, weil die Polarregionen eine zentrale Rolle im globalen Klimasystem spielen. Es gibt außerdem eine kommunikative Herausforderung: Die Bedeutung der Polarregionen für den Klimawandel, etwa beim Meeresspiegelanstieg, ist für viele Menschen schwer zu verstehen, weil die Regionen so weit entfernt erscheinen und kaum besucht werden.

Warum ist es wichtig, die Öffentlichkeit — insbesondere junge Menschen — für das Thema zu sensibilisieren?
Das Bewusstsein für den Klimawandel als Menschheitsproblem ist essenziell. Die Polarregionen spielen dabei eine zentrale Rolle. Der Gletscherrückgang lässt sich dafür zum Beispiel gut veranschaulichen, weil man diesen in den Alpen direkt sehen kann oder auch durch Fotos verdeutlichen kann — das macht es für viele greifbarer. Bei jungen Menschen ist es wichtig, klar über die Probleme zu sprechen, ohne Panik zu verbreiten. Aber mir fällt auf, dass der Blick der jungen Generation in den letzten Jahren vielleicht etwas pessimistischer geworden ist. Das ist zwar irgendwo nachvollziehbar, aber es braucht eine konstruktivere Perspektive, um etwas zu ändern.

Ist diese Frustration auch etwas, das du in deiner Arbeit spürst?
Ja, definitiv. Es ist frustrierend, wenn wissenschaftsskeptische Positionen — oft im Kontext von Rechtspopulismus — an Einfluss gewinnen. Gleichzeitig versuche ich, Menschen mit anderen Meinungen nicht einfach zu verurteilen, weil ich verstehe, dass es in Krisenzeiten einfacher ist, „simplen“ Erklärungen zu folgen. Wissenschaftliche Analysen sind oft komplex und anstrengend. Trotzdem ist es besorgniserregend, wenn populistische Akteure dieses Thema ausschlachten und damit auf fruchtbaren Boden stoßen.

Wenn du einen Wunsch für die Zukunft der Polarforschung hättest, welcher wäre das?
Ich würde mir eine systemische Veränderung in der Forschungsförderung wünschen. Aktuell gibt es oft projektbasierte Förderungen über nur wenige Jahre. Langzeitbeobachtungen, die für die Klimaforschung essenziell sind, lassen sich so nur schwer umsetzen. Die Finanzierung von Polarforschung sollte langfristig angelegt sein, vor allem bei der Datenerhebung. Außerdem müsste sich die Art, wie Forschung bewertet wird, ändern. Es braucht andere Qualitätskriterien, die der Bedeutung der Polarforschung besser gerecht werden. Ich würde gerne noch kurz auf APECS Austria aufmerksam machen, ein Netzwerk von jungen Wissenschaftler*Innen, aber auch Studierenden, die sich für Polarforschung interessieren und so in einen Austausch treten. Wir würden uns über weitere Interessierte freuen, die zu unseren Treffen kommen wollen.

Wir bedanken uns bei Jonathan für das Gespräch und sind auf seine kommenden Forschungen gespannt.

Hier kann man APRI auf Instagram folgen. Hier kommt man zur Website des APRI.

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