Karl Nehammer über Österreichs Zukunft: Mehr Chancen für Jugendliche, Start-ups und den Klimaschutz

ÖVP-Spitzenkandidat und Bundeskanzler Karl Nehammer spricht im exklusiven Interview mit frisch-Chefredakteur Stv. Markus Gratzer über die Zukunft Österreichs als attraktiven Standort für junge Menschen und Start-ups. Mit einem klaren Fokus auf wirtschaftliche Freiheit, Bildungsreformen und leistbaren Wohnraum skizziert er Maßnahmen, die den Übergang von der Schule ins Berufsleben erleichtern und gleichzeitig die Jugendarbeitslosigkeit senken sollen. Zudem betont er die Bedeutung von Klima- und Umweltschutz sowie den Ausbau psychologischer Angebote für Jugendliche.

Herr Bundeskanzler, wie möchten Sie sicherstellen, dass Österreich auch in Zukunft ein attraktiver Standort für junge Menschen und Start-ups bleibt?

Wir haben in Österreich viele innovative Unternehmen, die in ihren Branchen oft Weltmarktführer sind. Unsere Betriebe haben sich Rahmenbedingungen verdient, mit denen sie im internationalen Wettbewerb bestehen können. Wir werden daher nicht zulassen, dass unser Wirtschaftsstandort durch neue Steuern gefährdet wird. Nach einer Legislaturperiode, die von multiplen internationalen Krisen geprägt war, muss nun Standortpolitik im Fokus der nächsten Legislaturperiode stehen. Für mehr wirtschaftliche Freiheit braucht es finanzielle Entlastung und weniger Bürokratie. Unternehmer sollen Unternehmer sein können, ohne dabei durch überbordende Regulierungen ausgebremst zu werden. Um mehr Kapital für Start-ups und Unternehmen zu mobilisieren, soll ein Fonds gegründet werden, damit österreichische Unternehmen leichter an Wachstumskapital kommen.

Was plant Ihre Partei, um den Übergang von der Schule ins Berufsleben zu erleichtern?

Schulen müssen besser auf das Berufsleben danach vorbereiten, aber auch unsere Jugendlichen fit für das digitale und finanzielle Leben machen und die Grundsätze unserer repräsentativen Demokratie vermitteln. Sie müssen der Ort sein, an dem jeder seine Potenziale entfalten kann. Berufsbildende Schulen sollen gestärkt werden, auch durch einen verstärkten Fokus auf die Schulautonomie. Berufsbildende Schulen bilden die Fachkräfte von morgen.

Welche Bildungspolitik verfolgen Sie, um die berufliche und handwerkliche Ausbildung für die Zukunft fit und attraktiv zu machen?

Die Lehre ist kein Plan B, sie ist eine exzellente Fachausbildung, um die man uns weltweit beneidet. Und eben weil wir das so sehen, haben wir die Gebühren für die Meisterprüfung abgeschafft. Ohne Lehrlinge und Fachkräfte gäbe es den erfolgreichen Wirtschaftsstandort Österreich schlichtweg nicht. Daher steht in meinem „Österreichplan“ unter dem Motto „Harvard“ für Lehrlinge, dass Österreich zu einem internationalen Standort für Berufsausbildungen werden soll. Ziel ist es ausländische Fachkräfte auszubilden und diese auch in Österreich zu behalten, sofern es eine entsprechende betriebliche Nachfrage gibt. Nach den Kosten für die Meisterprüfung sollen auch die Vorbereitungskurskosten für die Meister- und Befähigungsprüfungen entfallen.

Wie wollen Sie den Zugang zu leistbarem Wohnraum für junge Menschen verbessern?

Es ist mir ein wichtiges Anliegen, für junge Menschen leistbarem Wohnraum zu schaffen. Mit der Wohnbauoffensive haben wir bereits erste Schritte gesetzt und können in den kommenden Jahren 10.000 Eigentumswohnungen und 10.000 Mietwohnungen schaffen und gleichzeitig 5.000 Wohnungen sanieren. Wir haben einen Mietdeckel eingeführt, um den Anstieg der Kosten für die Mieterinnen und Mieter zu begrenzen. Zudem wollen wir, dass der Traum vom eigenen Haus oder der eigenen Wohnung wieder erreichbar ist. Um Eigentum wieder leistbar zu machen, setzen wir auf eine Wohnpolitik, die Eigentum und Unabhängigkeit richtig fördert. Dazu zählt ein staatlich gesicherter Wohnbaukredit auf das erste Eigenheim. Zudem sollen sämtliche Gebühren und Steuern auf das erste Eigenheim abgeschafft werden. Zusätzlich zur Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung wollen wir auch ein Modell für eine echte Kaufmiete einführen. Damit können wir 500.000 neue Eigentumshaushalte schaffen.

Wie stehen Sie und die ÖVP zur Forderung nach einer Senkung der Steuerbelastung für junge Berufseinsteiger?

Es ist ganz einfach: Unabhängig vom Alter müssen alle, die arbeiten gehen, mehr davon haben als bisher. Es wird immer viel von sozialer Gerechtigkeit gesprochen, das ist auch in Ordnung. Es braucht aber auch Leistungsgerechtigkeit. Jede Form der Leistung und der Anstrengung, jede Arbeitsstunde und jede Überstunde muss am Ende des Monats einen Unterschied am Lohnzettel machen. Mehr Netto vom Brutto ist meine Devise. Daher sollen Überstunden künftig zur Gänze steuerfrei sein, ein jährlicher 1.000-Euro-Vollzeitbonus eingeführt und der Steuersatz in Höhe von 48 Prozent gestrichen werden. Außerdem habe ich in meinem „Österreichplan“ vorgestellt, wie wir die Lohnnebenkosten bis 2030 um 0,5 Prozentpunkte pro Jahr reduzieren können. Das ist eine Win-win- Situation für arbeitende Menschen und für die Wirtschaft.

Was plant die ÖVP in Sachen Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit?

Bildung ist der Schlüssel für die persönliche und berufliche Zukunft jeder und jedes Einzelnen und muss daher weiterhin einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft haben. Schulen müssen unsere Jugendlichen fit für das digitale und finanzielle Leben machen und die Grundsätze unserer repräsentativen Demokratie vermitteln. Sie müssen der Ort sein, an dem man seine Potenziale entfalten und die notwendigen Qualifikationen für eine eigenständige und eigenverantwortliche Zukunft erlangen kann. Der Leistungsgedanke ist für mich ein selbstverständlicher Teil persönlicher Entfaltung. Ich sehe Leistung nicht als Problem, sondern als Lösung für viele Herausforderungen.

Junge Menschen interessieren sich für Klima- und Umweltschutz. Welche Maßnahmen plant die ÖVP konkret, um Österreich auf Kurs für das 1,5-Grad-Ziel zu bringen?

Klima- und Umweltschutz sind Volkspartei-DNA. Wir setzen auf Klimaschutz mit Hausverstand, der die Menschen nicht überfordert und unserem Wirtschaftsstandort nicht gefährdet. Diese Bundesregierung hat überdurchschnittlich viel für den Klimaschutz getan und das ist gut so. Wir haben das Klimaticket eingeführt, einen Boom bei erneuerbaren Energieträgern geschaffen. Noch nie wurden so viele PV-Anlagen montiert, wie in den letzten Jahren. All diese Maßnahmen zeigen, dass wir den Klimaschutz leben. Diese Maßnahmen zeigen auch Wirkung, seit 2 Jahren sinken die Emissionen in Österreich.

Der Zugang zu psychologischer Betreuung ist für junge Menschen oft schwierig. Welche Reformen plant die ÖVP im Gesundheitsbereich, um dies zu ändern?

Für mich ist klar: auf unser Gesundheitssystem muss Verlass sein – auch für junge Menschen. Dem Ausbau des psychologischen und psychotherapeutischen Angebots wurde in den vergangenen Jahren besondere Priorität eingeräumt. Unter anderem mit Projekten wie „Gesund aus der Krise“ haben wir den Zugang zur psychosozialen Versorgung für junge Menschen massiv verbessert. Ein niederschwelliger Zugang für Kinder und Jugendliche wird weiterhin im Fokus stehen. Mit einer allfälligen Verlängerung dieses Angebots werden wir uns zeitgerecht befassen, nachdem das aktuelle Projekt „Gesund aus der Krise“ evaluiert ist.

Wie möchten Sie die Jugendarbeitslosigkeit senken und gleichzeitig faire Arbeitsbedingungen schaffen?

Österreich hat eine vergleichsweise niedrige Arbeitslosenquote und diese soll auch weiter sinken. Wir wollen mehr Menschen in Beschäftigung bringen, einerseits durch geeignete (Aus-) Bildungs- und Schulungsprogramm, andererseits durch Anreize, durch die der Einkommensunterschied zwischen Arbeit und Nicht-Arbeit deutlich steigt. Faire und gerechte Arbeitsbedingungen müssen in Österreich eine Selbstverständlichkeit sein.

Welche Rolle spielt der öffentliche Verkehr für Sie und die ÖVP, um die Mobilität junger Menschen zu verbessern? Wird es auch künftig ein Klimaticket geben?

Das Klimaticket ist eine Erfolgsgeschichte und hat sich in der Praxis bewährt. Der Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln ist mir ein zentrales Anliegen, vor allem im ländlichen Raum. Wir müssen aber auch darüber hinaus über den Ausbau der Infrastruktur reden – sei es Straße, Schiene, Breitband oder Stromnetze. Denn moderne und gut ausgebaute Infrastruktur ist die Basis unseres zukünftigen Wirtschaftswachstums.

Letzte Frage: Was geben Sie einem jungen Menschen mit auf dem Weg?

Glaubt an euch, bleibt kritisch und lasst euch von niemandem verunsichern.

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