Journalismus als Handwerk – Interview mit Paul Huemer

Wer regelmäßig die ZIB (Zeit im Bild) konsumiert, wird bereits unweigerlich über den Namen Paul Huemer gestolpert sein. Paul ist als Redakteur der ZIB Außenpolitik aktiv, Chefredakteurin Chiara-Marie Hauser hat sich mit ihm zum Interview getroffen.  

CMH: Paul, wie sah dein Weg in den Journalismusbereich aus und warum wurdest du überhaupt Journalist?

Paul Huemer: Vor allem über Praktika, so kommt man, denke ich, am besten in die Branche hinein. Für mich war der Journalismus immer mehr ein Handwerk, bei dem man vor allem in der Praxis viel lernt. Ich habe Praktika bei “Wien Heute” gemacht, bei der ZIB und dann habe ich mich als freier Journalist versucht. Auch wenn es immer mehr Informationen gibt, ist es wichtig, Sachen einzubetten, es braucht den Beruf, um Ereignisse in einen Kontext zu setzen, man kann vor Ort sein und es ermöglicht einem auch einen Platz in der ersten Reihe in der Weltgeschichte einzunehmen. 

CMH: Hast du neben den Praktikas dann auch eine Ausbildung gemacht?

Ich habe Geschichte mit einem Schwerpunkt auf Arabistik und Nahost in Wien studiert, journalistisch habe ich aber eben die Praktika gemacht. Der ORF sucht oft nach neuen Praktikant:innen, wer sich dafür interessiert, sollte da definitiv ein Auge drauf haben. Der Schwerpunkt von meinem Studium bringt mir vor allem im Auslandsjournalismus viel, besonders da ist es wichtig, weitere Sprachen zu sprechen. Wenn man in die Richtung gehen will, ist es definitiv hilfreich die Sprache einer Region zu lernen, die einen interessiert. 

CMH: Könntest du uns einen Einblick in deinen Job geben? Was sind deine Hauptaufgaben?

Ich habe viel mit der Beitragsgestaltung zu tun, also Recherche, Vorbereitungen von Beiträgen, vom Schreiben bis zum Filmen. Oft ist man auch Abendverantworlich, also, man sieht, dass es aktuelle Entwicklungen gibt, Ereignisse, die für Nachrichtensendungen wichtig sind. In Redaktionssitzungen geht es oft um die Frage, was an jenem Tag der Fokus sein wird, da kann es dann schon auch mal zu hitzigen Diskussionen kommen.

CMH: Gibt es bestimmte Geschichten oder Projekte, die dir besonders in Erinnerung geblieben sind?

Ad hoc fallen mir da zwei ein. Einmal, wie ich in der Westukraine war und dort über Menschen aus der Ostukraine, die von der Front geflüchtet sind, berichtet habe. Das waren sehr prägende Berichte, man hat auf der einen Seite zwar die tragischen Geschichten, aber andererseits geht das Leben dann doch ganz normal weiter. Das zweite war die Pushback-Geschichte, an der Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei. Wir waren in Bulgarien mit NGOs in Kontakt, sind in die türkischen Wälder gefahren und sind dort auf eine afghanische Gruppe gestoßen, die zufällig von den Pushbacks betroffen war. Die Verzweiflung, die man dort erlebt, war sehr prägend. 

CMH: Welche Tipps oder Ratschläge würdest du Jugendlichen geben, um ihre Medienkompetenz zu stärken?

Viel konsumieren, sich so breit wie möglich informieren und nachfragen, ob Informationen stimmen. Ich möchte hier auch nicht nur den Fokus auf “Qualitätsmedien” legen, es gibt auch viele Startup-Unternehmen, die eine genauso gute Arbeit leisten. Man muss sich anschauen, was für Quellen vorliegen, wer über was berichtet, Quellenkritik ist hier ganz essentiell, auch beim Bildmaterial, hier ist die Frage, ob die Medien gefactchecked wurden, sehr wichtig. 

CMH: Wie siehst du die Zukunft des Journalismus, insbesondere in Hinblick auf die sich ständig verändernde Medienlandschaft?

Ich bin kein Pessimist, der wie andere meint, die traditionellen Medien sind dabei auszusterben. Man kann beobachten, dass es hier nicht um “Entweder-oder”-Fragen, sondern um “Sowohl-als-auch”-Tendenzen geht. Tageszeitungen wird es wohl nicht für immer geben, aber Veränderungen gehören dazu, ich beobachte jedenfalls keine essenzielle Krise des Journalismus. Keine KI kann sich derzeit geheim mit Informant:innen treffen, oder sich vor Ort ein aktuelles Bild machen und sich mit Menschen austauschen. 

CMH: Gibt es bestimmte Herausforderungen oder Chancen, die du für die Zukunft des Journalismus siehst?

Prinzipiell sind die Möglichkeiten, die junge Journalist:innen haben, genial. Jeder/jede kann sich Social Media Kanäle eröffnen, man kann viel mehr machen, als es früher noch der Fall war. Ich sehe demnach eher eine goldene Zeit des Journalismus, als eine Krise.

Wir danken Paul für das Gespräch und freuen uns auf seine kommenden Beiträge.

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