Ein Leben in Bunt – Rapper und Social-Media-Star Ian Jules über Ausgrenzung, Toleranz und Freiheit

Als Kind trug Ian Jules bereits bunte Kleider und lackierte seine Fingernägel, was ihm zunächst Abgrenzung und Negativität einbrachte. Er ließ sich davon nicht entmutigen und ging unbeirrt seinen eigenen Weg, mit Erfolg! Heute ist er Rapper und Social-Media-Star. Im Interview mit frisch-Chefredakteur Stv. Markus Gratzer erzählt Ian Jules, wie seine einzigartige Persönlichkeit entstand und wie er sich aktiv für Toleranz und Freiheit einsetzt.

Wie hast Du die Figur Ian Jules entwickelt?

Als Kind habe ich immer gerne Kleider getragen und meine Fingernägel lackiert. Vor meiner Zeit in der Volksschule war mir nicht bewusst, dass manche Menschen ein Problem damit haben könnten, wenn ein Junge Nagellack trägt. Die Kindheit war daher manchmal schwierig, da ich mit Ausgrenzung konfrontiert wurde. Die Leute nannten mich anders und ich konnte nie wirklich verstehen warum – schließlich ging es doch nur um Farben auf meinen Nägeln oder bunte Kleidung. Dennoch war ich der Lustige, der andere Schüler zum Lachen brachte und Freude verbreitete. Ich hatte immer den Wunsch, Menschen zu inspirieren, gerade weil ich selbst wegen meiner bunten Kleidung und des Nagellacks ausgeschlossen wurde. Ich wollte anderen zeigen, dass es in Ordnung ist, so zu sein, wie man ist. Man kann erfolgreich sein und seine Ziele verwirklichen, auch wenn man anders ist. Es motiviert mich, dass ich durch meine Lebensart andere Menschen inspirieren kann. Es geht dabei nicht nur um das Aussehen, sondern auch um die Ausstrahlung und die Art, wie man ist. Leider werden manchmal Menschen, die extrovertiert und anders sind, ausgegrenzt und das möchte ich ändern. Wichtig ist, sich selbst treu zu bleiben und seinen Weg zu gehen, ohne sich von negativen Reaktionen entmutigen zu lassen.

Woher kommt Deine Inspiration für die bunten Outfits?

Im Laufe der Jahre habe ich mich immer weiterentwickelt. Ich experimentiere gerne mit meinem Outfit und habe ständig neue Ideen. Aktuell trage ich zum Beispiel verschiedenfarbige Schuhe, wobei einer blau und der andere rot ist. Meine Kleidung wähle ich immer nach meinem persönlichen Geschmack aus. Letztes Jahr habe ich im Sommer Skibrillen als Accessoire getragen. Diesen bunten und individuellen Stil lebe ich nicht nur öffentlich, sondern auch privat. Für mich ist es keine Verkleidung, sondern meine authentische Art, mich zu kleiden und auszudrücken.

Wie beeinflusst Deine Reichweite und Bekanntheit Dein tägliches Leben, wenn Du irgendwo auftauchst?

Durch meine Reichweite und Bekanntheit werde ich sofort erkannt, wenn ich irgendwo auftauche. Die Reaktionen der Menschen sind jedoch gemischt. Manche sind begeistert und möchten Fotos mit mir machen, während andere mich vielleicht nicht kennen oder skeptisch sind. Es ist interessant zu sehen, wie die Stimmung in einem Raum sich ändert, wenn ich eintrete. Es kann entweder sehr positiv und aufgeschlossen sein oder auch negativ mit Beschimpfungen und Hass. Leider kommt es auch vor, dass man ungefragt fotografiert wird, was natürlich nicht immer angenehm ist. Im Laufe der Zeit habe ich jedoch gelernt, damit umzugehen. Ich betrachte es als Lernprozess. Nach außen sieht es immer lustig aus, aber im Hintergrund muss man schauen, dass alles läuft. Die Kunst ist es, es lockerer ausschauen zu lassen, als es tatsächlich ist. Die Arbeit dahinter sehen viele Leute nicht!

Wie sah Dein Beginn als Influencer in den sozialen Netzwerken aus?

Seit mehr als vier Jahren produziere ich unterschiedlichen Content für Social Media, hauptsächlich für Instagram. Seit zwei Jahren kann ich mein Hobby zum Beruf machen, zuvor war ich als Musiker tätig und verdiente mein Geld damit. Mit dem Beginn der Pandemie habe ich einen TikTok-Account eröffnet und drei Videos veröffentlicht. Zu meiner Überraschung erzielten diese innerhalb kürzester Zeit sechs Millionen Aufrufe.  TikTok ist im Vergleich zu Instagram sehr einfach und zugänglich. Man öffnet die App und sieht direkt Videos, ohne lange suchen zu müssen. Durch TikTok habe ich meine Reichweite noch weiter ausgebaut. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, die verschiedenen Kanäle zu kombinieren. Ich poste nun auf Instagram, TikTok und Facebook. Selbst in meiner WhatsApp-Story teile ich meine Inhalte, was besonders meine Oma sehr erfreut! Die verschiedenen Social-Media-Kanäle bieten mir die großartige Möglichkeit, meine Arbeit und Leidenschaft einem breiten Publikum zu präsentieren. Es gibt nichts Schöneres, als seine Leidenschaft zu finden und diese mit anderen zu teilen. Wenn man seine Arbeit liebt, dann spiegelt sich das auch in den Inhalten wider und gute Ergebnisse sind fast schon vorprogrammiert.


Welche Werte und Botschaften möchtest Du mit Deiner Präsenz als Influencer vermitteln?

Freiheit! Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder Mensch seine Freiheit leben sollte, ohne sich ständig rechtfertigen zu müssen. Es ist mir ein Anliegen zu zeigen, dass man frei sein kann, wenn man seine Träume verwirklicht. Eines der wichtigsten Werte für mich ist Toleranz. Ich möchte deutlich betonen, wie bedeutend Toleranz für mich ist. Es gab anfangs Kritiker*innen, die behaupteten, dass ich den bunten Stil nur deshalb pflege, weil es gerade trendig ist. Doch das stimmt nicht. Ich habe immer so ausgesehen und stehe voll und ganz hinter meinem bunten Ausdruck. Die Botschaft dahinter ist nach wie vor dieselbe: Toleranz! Es ist mir wichtig, dass Menschen einander respektieren und akzeptieren, wie sie sind, ohne voreilige Urteile zu fällen. Ich möchte mit meiner Präsenz zeigen, dass man selbstbewusst seinen eigenen Weg gehen und dabei tolerant und offen gegenüber anderen sein kann. Diese Message möchte ich weiterhin verbreiten und hoffe, dass sie auch bei anderem Gehör findet.

Bevor Du in den sozialen Netzwerken aktiv wurdest, warst Du als Musiker tätig. Was hat Dich inspiriert, in die Musikbranche zu gehen?

Als Kind habe ich mir das Gitarrespielen selbst beigebracht und bin so im Laufe der Zeit in die Musik eingetaucht. Mit 16 Jahren habe ich meine ersten Songs auf Deutsch, später dann auf Englisch produziert und veröffentlicht. Mich hat überrascht, dass das Schreiben von deutschen Songs deutlich herausfordernder war als das Verfassen von englischen. Meine Lieder erhielten großen Zuspruch. Als die sozialen Netzwerke an Beliebtheit gewannen, habe ich beides kombiniert: Meine Musik und die sozialen Netzwerke. Über Social Media konnte ich Werbung für meine Songs machen und das fand ich richtig cool. Mit Social Media kannst du alles machen und so hat sich alles entwickelt.

Wie fühlt es sich an, den Titelsong für den Kinofilm „Operation White Christmas“ produziert zu haben?

Es war ein großes Highlight für mich, den Titelsong für den aktuellen Kinofilm „Operation White Christmas“ von Flo Lackner zu produzieren. Es ist für mich eine große Ehre, da renommierte und bekannte Schauspieler wie Tim Wilde, Roland Düringer und Petra Morzé in dem Film mitspielen. Und ich darf auch ein Teil vom Teams sein!

Was ist der bedeutendste Moment in Deiner musikalischen Karriere und als Influencer, an den Du Dich gerne erinnerst?

Als Musiker denke ich gerne an meinen Auftritt bei der Starnacht am Wörthersee zurück. Dort stand ich vor sechstausend Menschen und die Menge feierte mich und meine Musik. Als Influencer waren die zahlreichen Fantreffen, die ich in Kärnten veranstaltet habe, bedeutende Momente für mich. Es ist unbeschreiblich, wie viele Menschen von weit her anreisen, nur um mich zu sehen und ein Foto mit mir zu machen. Es war wunderbar, die Community zu treffen, für die ich meinen Content erstelle.

Wie pflegst Die den Kontakt zu Deinen Fans?

Bei meinen Inhalten und meinem Content bin ich mir bewusst, dass ich eine Vorbildfunktion habe. Mit Macht kommt auch Verantwortung. Ich erhalte sehr viele Nachrichten auf Instagram und TikTok, in denen mich viele fragen, ob ich wirklich der echte Ian Jules bin und ob ich eine persönliche Videobotschaft aufnehmen könnte. Leider fehlt mir dafür oft die Zeit, daher kann ich diesen Wunsch nicht erfüllen. Den Kontakt zu meinen Fans pflege ich distanziert, aber professionell. Wenn mich Fans persönlich treffen, freue ich mich immer über ein Gespräch.

Social-Media kann sowohl positive als auch negative Aspekte haben. Wie gehst Du mit Kritik und Hate um, die Dir möglicherweise entgegengebracht werden?

Am Anfang, als ich alles begonnen habe, waren die Kommentare noch überschaubar. Früher habe ich mir die negativen Kommentare sehr zu Herzen genommen. Doch mittlerweile habe ich keine Lust mehr, solche Kommentare zu lesen, da es zu anstrengend ist. Es war ein langer Lernprozess, um ein dickes Fell zu entwickeln. Beleidigungen berühren mich nicht mehr. Wenn man eine gewisse Reichweite hat, gehören negative Kommentare und ähnliches einfach dazu – so etwas bekommt man immer. Hinter den negativen Kommentaren verstecken sich Leute, die in der digitalen Welt eine große Klappe haben und sich dadurch stark fühlen! Hass ist der größte Zuspruch, den du von jemand anderem bekommen kannst. Die Hater sind eigentlich die größten Fans! Sie können dir alles aufzählen, was du falsch gemacht hast. Das bedeutet, dass die Leute deine Videos genau anschauen. Ich finde das lustig, denn sie sind sehr an Personen interessiert, die sie eigentlich nicht mögen.

„Die Hater sind eigentlich die größten Fans!“

Rapper und Social-Media-Star Ian Jules

Mit zunehmender Bekanntheit kann Privatsphäre zu einer Herausforderung werden. Wie findest Du die Balance zwischen Deinem öffentlichen Image und Deinem Privatleben?

Ich habe ein sehr gutes Umfeld. Meine Eltern und mein großer Bruder sind meine besten Freunde und sie beruhigen mich. Das brauche ich. Bei ihnen kann ich abschalten, da muss ich niemandem etwas beweisen.

Gibt es auch einen Ian Jules ohne auffällige Kleidung, der einmal unerkannt durch die Stadt gehen möchte?

Ian Jules bin ich 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Es gibt keinen Moment, in dem ich die bunte Kleidung nicht trage. Egal wo ich hingehe, werde ich sofort erkannt. Es ist ein Fluch und ein Segen zugleich.

Kannst Du Dir ein Leben ohne der Figur Ian Jules vorstellen?

Nein, das kann ich definitiv nicht. Für Ian Jules lebe ich! Ian Jules wird bis zu meinem Lebensende ein Teil von mir sein und bleiben. Ich bin für das Rampenlicht und für die Bühne geboren.

Welchen Rat würdest Du einem jungen Menschen geben, den Du früher auch gerne gehabt hättest?

Die Menschen werden einen erst unterstützen und feiern, wenn man erfolgreich ist und damit Geld verdienen kann. Bis dahin wird man oft belächelt. Seid euch bewusst, dass es passieren wird. Ihr müsst selbstbewusst sein, eine Vision haben, zielstrebig sein und dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Erfolg kommt! Dranbleiben ist das Wichtigste! Es gibt keinen Star, der über Nacht berühmt geworden ist.

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