Content Warning: In diesem Artikel geht es um Suizid sowie um Gewalt gegen Frauen
Das polnische Model Kasia Lenhardt, die auch bei „Germany’s Next Topmodel“ teilgenommen hat, war vor allem durch ihre Beziehung zum deutschen Fußballer Jérôme Boateng bekannt, eine Beziehung, die Anfang Februar 2021 zu Ende ging. Unterschiedliche Medien griffen die Beziehung der beiden als Paradebeispiel für Machtmissbrauch durch Profifußballer auf. Jetzt ist der Fall erneut ins Rampenlicht gerückt worden, auch wenn schon mehr als drei Jahre seit Kasias Suizid vergangen sind. Doch dieser Fall ist nicht der einzige, der aktuell wieder aufgerollt wird.
Am 15. März 2024 veröffentlichte der Spiegel die erste Folge des neuen Podcasts „NDA: Geschichten, die nicht erzählt werden sollen„. Die ersten Folgen sind der Akte Kasia Lenhardt gewidmet. Der Podcast greift die Beziehung zwischen Kasia und Jérôme auf, durch unter anderem Sprachnachrichten werden Einblicke in Kasias Gedankenwelt dargeboten, Streits zwischen den beiden werden thematisiert und auch das Thema der Gewalt in der Beziehung wird aufgegriffen. Im Zuge ihrer Beziehung unterschrieb Kasia einen NDA, eine Geheimhaltungsvereinbarung, die sie zum Schweigen verpflichtete.
Während die Beziehung zwischen Kasia und Jérôme von Anfang an in den unterschiedlichen Medien verfolgt, diskutiert und kommentiert wurde, kam es zu einer deutlichen Eskalation von Cybermobbing gegen Kasia nach dem Beziehungsaus. Durch ein Interview, das der Fußballer 2021 der Bild-Zeitung gegeben hat, wurde die Hasswelle gegen Kasia nur verstärkt. Die Journalistin Maike Backhaus meinte hierzu: „Es war ein Druck und eine Eskalation, die ich so selten in der Öffentlichkeit beobachtet habe.“
Kasia soll sich als Folge von dem Online-Hass, mit dem sie konfrontiert wurde, aus ihrem sozialen Leben vollkommen zurückgezogen haben und hat sich dann am 9. Februar 2021 im Alter von 25 Jahren das Leben genommen.
Frauen, die unter Machtmissbrauch ihrer Beziehungspartner*innen leiden, werden zwar oft als Opfer dargestellt, jedoch werden sie zumeist mit Hass von den Follower*innen der Partner*innen konfrontiert. Hass im Internet ist ein alltägliches Thema, das kaum eingeschränkt werden kann, einen stetigen Anstieg verzeichnet und oft zu Suizid führt. Jedoch sehen wir auch besonders in Österreich aktuell eine massive Häufung von Gewaltdelikten gegen Frauen. Laut Amnesty ist „beinahe jede dritte Frau ab dem Alter von 15 Jahren von körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt betroffen„.
Fälle, wie der von Kasia, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden, machen zumeist zwei Lager auf: die Unterstützer*innen der Opfer, die Verteidiger*innen der Täter. Solch eine Aufteilung kann man aktuell auch anhand von Luke Mockridge, einem Comedian, der durch Vergewaltigungsvorwürfe aus dem Rampenlicht verschwand und jetzt wieder auf der Bühne und im Fernsehen auftaucht, verfolgen.
In einem neuen Interview gegenüber dem Stern bezog Mockridge jetzt erneut Stellung, meinte er hätte einen „Säureangriff auf sein Image“ erlebt und wäre von einer „sportlichen Motivation“ angetrieben gewesen, um Frauen aufzureißen. Es ist fragwürdig, warum solch ein großes Medium Beschreibungen wie „Säureangriff“ – ein überaus grausames Gewaltverbrechen, bei dem zumeist Frauen als Opfer aufscheinen – übernimmt. Auch stellt sich die Frage, warum Mockridge nun erneut aufgebaut wird und fast schon auf ein Podest gehoben wird.
Besonders in der Berichterstattung über Gewaltverbrechen gegen Frauen kommen Medien eine wichtige Rolle zu. Medien dienen auch der Bewusstseinsschaffung, der Aufklärung und Sensibilisierung. Wie eine Studie aus dem Jahr 2019 zeigt, greifen in Österreich vor allem Boulevardzeitungen das Thema der Gewalt gegen Frauen auf. Der Fokus liegt hier auf der Brutalität der Gewaltverbrechen. Berichte über dieses Thema benötigen jedoch ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl, besonders zum Schutz der Opfer, die einen respektvollen Umgang mit ihrer Person und ihrem Trauma verdienen. Ein Fingerspitzengefühl, das oft in der Berichterstattung der beiden genannten Fälle kaum vorzufinden ist. Es erscheint, als wäre der Fokus auf die Täter weitaus langlebiger, als der Fokus auf Opfer.
Hier findest du Informationen zu österreichischen Hilfeeinrichtungen, die Schutz bei Gewalt gegen Frauen bieten.