Die Atomenergie und Österreich: Ein hartes Urteil

Schon 1987 besang die österreichische Kultband „Erste Allgemeine Verunsicherung“ mit „Burli, Burli“ die Gefahren der Atomkraft. Bereits 1978 sprachen sich 50,49 Prozent der Bevölkerung gegen die Inbetriebnahme des bereits fertig gestellten AKW Zwentendorf aus. Spätestens mit dem Reaktorunfall 1986 in Tschernobyl wird die Ablehnung der Atomkraft gesellschaftlicher Konsens. Doch wie kam es, dass wir eine Energiequelle über Jahrzehnte so vernachlässigen konnten, und gibt es für die Atomkraft noch eine Zukunft?

Die Geschichte

Mit dem 5. Dezember 1978 wurde beschlossen, dass in Österreich Atomkraftwerke nur mehr nach einer Volksabstimmung in Betrieb genommen werden dürfen – der endgültige Sargnagel für die Atomkraft. 1995 wird dann noch das Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich einstimmig im Parlament beschlossen. Die Nutzung von Kernkraft zur Energiegewinnung und der Bau entsprechender Anlagen ist damit verboten und das Atomsperrgesetz erlangt Verfassungsrang. Zur Eröffnung eines Kernkraftwerks kam es somit in der Geschichte der 2. Republik nie.

Auch wenn wir in Österreich selbst keine Atomkraftwerke haben, welche Atomstrom produzieren, beziehen wir laut Schätzungen trotzdem ungefähr sechs bis 16 Prozent unserer Energie aus der Atomenergie. Alleine von St. Pölten aus gibt es in einem Umkreis von 300 Kilometer fünf aktive Atomkraftwerke. Das beschreibt die Lage ganz gut: Österreich gilt in ganz Europa als einer der schärfsten Kritiker der Atomenergie, doch wir sind immer noch von Atomkraftwerken umgeben und – zumindest teilweise – von ihnen abhängig.

Ein Blick in die Gegenwart

Auch im Regierungsprogramm der jetzigen schwarz-grünen Regierung kommt die Atomkraft zu Sprache: Man wolle „dem Neu- und Ausbau von Kernkraftwerken in Europa, insbesondere in den Nachbarländern, mit allen zur Verfügung stehenden politischen und rechtlichen Mitteln entgegenwirken“. Insbesondere die Inbetriebnahme der slowakischen Reaktoren Mochovce 3 und 4 solle verhindert werden.

Doch wir sollten uns die Frage stellen: Ist die Atomenergie jetzt noch eine Alternative, über die wir diskutieren sollten? Um es kurz zu fassen: Wahrscheinlich nicht. In der Theorie ist so eine Diskussion sicher angebracht, da es auf der einen Seite Argumente für die Atomkraft gibt. Zum Beispiel die geringe Menge an ausgestoßenem CO2 und die verhältnismäßig hohe Energieeffizienz. Auf der anderen Seite aber auch Argumente dagegen, wie die Problematik des Atommüll (für den es bis heute noch keine Lösung gibt), die potenzielle Restgefahr einer Kernschmelze und die enorm hohen Kosten beim Bau. Der alleinige Bau eines Atomkraftwerks kostet ungefähr 8 Milliarden Dollar. Doch es gibt ein zentrales Problem: Wir sind zu spät. Durch die enorme Contra-Haltung wurde in den letzten Jahrzehnten viel zu wenig in der Atomenergie geforscht. Die Expertenzahl wurde auf diesem Gebiet immer geringer und ein Bau würde – selbst von heute weg – noch viele Jahre andauern.

Es ist zu spät. Wir sollten unseren Fokus jetzt auf andere Energiequellen legen – und in diesen weiter forschen, denn die Atomenergie ist durch eine extreme Grundhaltung nie als reelle Alternative betrachtet worden. Ein Fehler, der sich noch rächen könnte.

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