Europas Stimmen: Andreas Schieder, Abgeordneter zum Europäischen Parlament und Spitzenkandidat der SPÖ

Andreas Schieder hat im Laufe seiner politischen Karriere verschiedene bedeutende Positionen innegehabt. Er war Abgeordneter zum Österreichischen Nationalrat und von 2008 bis 2013 Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen. Anschließend fungierte er von 2013 bis 2017 als Klubobmann der SPÖ im Nationalrat. Seit 2019 ist er Mitglied des Europäischen Parlaments.

Wie planen Sie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten der EU zu stärken?

Die Mitgliedstaaten haben eine zentrale Rolle im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren der EU und bestimmen im Europäischen Rat die grundlegende politische Agenda. In der Umsetzung von EU-Recht besteht erheblicher nationaler Spielraum. Die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen hat in den letzten Monaten aber gelitten. Wir erleben zurzeit, dass viele Entscheidungen auf EU-Ebene von einer oder wenigen Mitgliedstaaten in letzter Minute aufgehalten werden – oft auch bei Gesetzen auf die sich längst alle geeinigt hatten. Von Orbán bis FDP, es wurde mehrmals wirklich knapp ob wir richtungsweisende Beschlüsse wie Hilfen für die Ukraine oder das Lieferkettengesetz überhaupt beschließen können. Ich hoffe, dass sich nach der Wahl alle wieder zu einer konstruktiven und gemeinsamen Arbeitsweise bekennen werden. 

Welche konkreten Maßnahmen schlagen Sie vor, um den Klimawandel auf europäischer Ebene anzugehen?

Auf EU-Ebene haben wir uns das ambitionierte Ziele gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden und entsprechende Gesetze ausgearbeitet, die uns dort hinbringen sollen. Dazu gehört beispielsweise das Verbrenner-Aus, aber auch das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur, oder auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Das Problem bei einer Vielzahl dieser Vorschläge war, dass die rechten Parteien, aber auch die Europäische Volkspartei kräftig auf die Bremse gestiegen sind und Gesetzestexte verwässert oder sogar ganz verhindert haben. Als SPÖ kämpfen wir weiter für eine klimaneutrale Zukunft, damit auch die nächsten Generationen noch einen lebenswerten Planeten vorfinden.

Wie wollen Sie und Ihre Partei sicherstellen, dass die EU weiterhin als globaler Akteur für Frieden und Sicherheit bleibt?

Dafür müssen wir als EU insbesondere darauf achten, dass wir unsere Glaubwürdigkeit nicht verlieren und unsere wirksamsten außenpolitischen Instrumente, wie die EU-Erweiterung, sinnvoll und mit Bedacht einsetzen. Hier müssen wir unsere Erweiterungsversprechen einhalten, wenn entsprechender Fortschritt bei den Beitrittskandidaten zu sehen ist und gleichzeitig aber auch Konsequenzen ziehen, wenn es Rückschritte bei der Erfüllung der Bedingungen für den Beitritt gibt. Gleichzeitig ist es essentiell, dass die EU auf der internationalen Bühne mit einer Stimme spricht, nur so können wir ernstgenommen werden und einen tatsächlichen Einfluss in der Welt haben, als Garant für Frieden und Sicherheit.

Was sind Ihrer Meinung nach die dringendsten Herausforderungen, mit denen die EU derzeit konfrontiert ist und wie planen Sie, diese anzugehen? 

Die soziale Ungleichheit ist einer der größten Herausforderungen für Europa. Deshalb kämpfen wir für ein Europa, in dem die Großkonzerne endlich ihre Steuern zahlen – wie es jeder Würstelstand und jedes Kaffeehaus tut. Wir wollen ein Europa, in dem Schluss ist mit Steuergeschenken für Millionäre und Großkonzerne und in dem das Leben für jede und jeden leistbar ist. Wir wollen ein Europa, das bei der Produktion lebenswichtiger Güter nicht von China oder Indien abhängig ist. Wir wollen ein Europa, in dem es Respekt und Sicherheit für die arbeitenden Menschen in Österreich gibt.

Wie können wir das Miteinander in der EU stärken?

Um ein stärkeres „Wir-Gefühl“ in Europa zu schaffen, gerade unter den jungen Menschen in Europa, setzen wir uns dafür ein, die „Erasmus+“-Programme, mit denen etwa Bildungsaufenthalte im Ausland gefördert werden, auszubauen und ausreichend finanziert werden. Wir setzen uns auch besonders dafür ein, dass das Programm vor allem in der Schule als Option für Jugendliche und auch in der Lehre noch bekannter wird – und dass „Erasmus+“ auch genutzt wird.

Welche Initiativen schlagen Sie vor, um die Jugendarbeitslosigkeit in der EU zu bekämpfen und die Zukunftsperspektiven junger Menschen zu verbessern?

Die Jugendarbeitslosigkeit stieg in Österreich im letzten Jahr um 17,8 Prozent auf beinahe 30.000. Das ist also ein ernstzunehmendes Problem. Wir Sozialdemokrat:innen setzen uns dafür ein, auf die Porto-Erklärung aufzubauen, die bis 2030 eine Beschäftigungsquote von mindestens 78 Prozent in der EU zum Ziel definiert hat. Das wollen wir unter anderem dadurch erreichen, indem wir eine Investitionsoffensive in den Ausbau erneuerbarer Energien und Projekte vorantreiben. Das schafft nicht nur Wirtschaftswachstum in Europa, sondern auch qualitativ hochwertige Arbeitsplätze.

Wie planen Sie, junge Menschen in den Entscheidungsprozess der EU einzubeziehen, insbesondere in Bezug auf die Gestaltung von Jugendpolitik?

Die demokratische Beteiligung von jungen Menschen ist uns ein großes Anliegen und wir fördern alle Initiativen in diesem Bereich. Junge Menschen sollen stärker in die Friedens- und Sicherheitspolitik der EU einbezogen werden. Im Gegensatz zu anderen Mitgliedstaaten setzen wir uns für eine Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre auf allen Ebenen ein.

Was konnten Sie in Ihrer Tätigkeit als EU-Parlamentarier bereits für junge Menschen umsetzen?

Als Sozialdemokrat:innen haben wir uns in den letzten Jahren dafür eingesetzt, dass junge Menschen die in den nächsten Jahren ein Teil des Arbeitsmarktes werden, dies unter faireren und besseren Bedingungen tun können. Wir konnten Erfolge erzielen, wie die Einführung eines europaweiten Mindestlohns, eine Lohntransparenzrichtlinie, die Abschaffung von Scheinbeschäftigung und Kettenarbeitsverträgen und Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für Essenslieferant:innen und Uberfahrer:innen. Außerdem haben wir für ein sichereres Internet gekämpft und gegen Hate Speech, wovon vor allem junge Menschen, die Social Media stärker nutzen, betroffen sind. Mit dem EU-Gesetz über digitale Dienste, dem Digital Services Act (DSA), haben wir sichergestellt, dass das, was im realen Leben verboten ist, auch in der digitalen Welt verboten ist. Verbreitung von Desinformation und Hetze kann damit leichter gestoppt werden. Das gezielte Ansprechen Minderjähriger für Werbezwecke wird endlich verboten.

Warum sollte ein junger Mensch bzw. ein Erstwähler Sie und Ihre Partei wählen? 

Wir setzen uns für die Themen ein, die für junge Menschen wirklich zählen. Die SPÖ kämpft für ein EU-weites Verbot unbezahlter Praktika, sowie gegen Ausbeutung und für faire Arbeitsbedingungen. Wir finden, dass die EU auch zu einer Bildungsgemeinschaft werden soll. Wir wollen europaweit eine hochwertige Grund- und Sekundarbildung – also hochwertige Bildung in Volksschulen und weiterführenden Schulen – für Kinder und Jugendliche garantieren. Dafür muss die EU mehr Geld in europäische Bildungs- und Jugendförderungsprogramme investieren. Auch der Kampf gegen Kinderarmut ist ein Herzensthema von uns. Und: Wir wollen ein kostenloses Interrail-Ticket für alle jungen Menschen, um Europa richtig gut kennenzulernen, neue Menschen zu treffen und die kulturelle Vielfalt unseres schönen Kontinents erleben zu können.

Welchen Ratschlag würden Sie einem jungen Menschen mit auf dem Weg geben?

Die EU ist das, was ihr daraus macht – nutzt eure Stimme und geht am 9.Juni wählen!

Autor*in:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

1 + sieben =