Andreas Babler im Gespräch: Konzepte für leistbares Wohnen und Chancengleichheit für alle

SPÖ-Spitzenkandidat und -Bundesparteivorsitzender Andreas Babler spricht im Interview mit frisch-Chefredakteur Stv. Markus Gratzer über seine Pläne, leistbaren Wohnraum für junge Menschen zu schaffen, eine armutsfeste Kindergrundsicherung einzuführen und Chancengleichheit durch Bildung zu fördern. Mit innovativen Konzepten und einer bedarfsorientierten Mindestsicherung will die SPÖ soziale Ungleichheiten bekämpfen und Zukunftschancen für die Jugend sichern.

Herr Babler, was wird die SPÖ tun, um leistbares Wohnen für junge Menschen sicherzustellen?

Ich setze mich dafür ein, dass Wohnraum nicht nur im Eigentum, sondern auch im Bereich des gemeinnützigen Wohnbaus in Mietverhältnissen gerade für junge Menschen leistbar ist, bleibt und wird. Dafür fordert die SPÖ Konzepte, die die Gründung eines eigenen Haushalts begünstigen, damit sich junge Menschen ihre eigenen vier Wände leisten können. So gab es etwa in den letzten Jahren von SPÖ-Seite auf Länderebene z.B. in Oberösterreich Konzepte für Junges Wohnen, wie das 5×5-Modell. In diesem Modell werden „Startwohnungen“ für junge Menschen in den ersten Jahren gefördert, damit diese nur 5 Euro pro m2 inklusive Betriebskosten zahlen. Nach Auslaufen des Förderzeitraums können die jungen Mieter:innen die Wohnung zum regulären Mietzins dann auch weiter bewohnen.

Wie stehen Sie zur Idee, ein bedingungsloses Grundeinkommen in Österreich einzuführen, insbesondere um soziale Ungleichheiten zu bekämpfen?

Ich stehe für eine bedarfsorientierte, armutsfeste Mindestsicherung und – und das ist mir sehr wichtig – für eine Kindergrundsicherung, die allen Kindern ein Aufwachsen ohne Armut sichert! Jedes Kind hat das Recht auf ein Aufwachsen ohne finanzielle Sorgen. In Österreich sind mehr als 350.000 Kinder und Jugendliche armutsgefährdet. 239.000 leben in einem Haushalt, der die Wohnung aus finanziellen Gründen nicht angemessen warmhalten kann. Besonders dramatisch ist die Situation von Alleinerziehenden und ihren Kindern. Das dürfen wir in einem Land wie Österreich nicht akzeptieren!

Bildung ist ein wichtiges Thema für junge Menschen. Wie wollen Sie das Bildungssystem reformieren, um Chancengleichheit zu schaffen?

Wir brauchen gemeinsame Schulformen, die Kinder nicht schon nach der Volksschule trennen. Nur so können wir langfristig die Chancengerechtigkeit im Bildungssystem nachhaltig verbessern. Die SPÖ will daher den österreichweiten Ausbau der kostenlosen, gemeinsamen und ganztägigen Schule vorantreiben. Dabei achten wir darauf, dass sowohl die verschränkte Form, also Unterrichts-, Lern- und Freizeiteinheiten die sich über den Tag verteilt abwechseln, als auch die offene Form angeboten wird, bei der es vormittags Unterricht gibt und nachmittags je nach Wunsch betreute Lern- und Freizeit. Außerdem wichtig ist mir, dass es ein gesundes, warmes, kostenloses Mittagessen für alle Kinder in Österreich gibt. Das gemeinsame Essen in der Schule fördert soziale Teilhabe und Miteinander und wirkt gegen materielle Ernährungsarmut, also eine nicht ausreichende oder unausgewogene Ernährung aufgrund fehlender finanzieller Mittel. In Traiskirchen habe ich mit der Volxküche vorgezeigt, wie das möglich ist.

Welche Rolle wird der Umweltschutz in Ihrem Wirtschaftsprogramm spielen und wie können junge Menschen Teil der Lösung sein?

Der Umwelt- und Klimaschutz spielt eine bedeutende Rolle im Wahlprogramm der SPÖ. Das haben uns auch die Umwelt-NGOs WWF und Global 2000 bestätigt. Die SPÖ setzt dabei darauf, für alle Menschen die Voraussetzungen für ein klimaverträgliches Leben zu schaffen.

Ein paar Maßnahmen, die wir für eine klimasoziale Zukunft vorschlagen, möchte ich aufzählen:

1. Die Menschen sollen die Möglichkeit haben, sich für Klimaschutz zu entscheiden – durch massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs, durch ausreichend Unterstützung beim Heizungstausch und bei thermischer Sanierung.

2. Mit einem Klima-Transformationsfonds (Trafo) von 20 Mrd. Euro soll unsere Wirtschaft klimasozial umgestaltet werden und gute Jobs können entstehen. Der Staat beteiligt sich an innovativen Unternehmen, damit die Steuerzahler:innen auch an den Gewinnen teilhaben. Das bietet Unternehmen Planungssicherheit, schafft Jobs und bringt dem Staat Geld für weitere Investitionen in die Energiewende.

3. Der Warentransport muss von der Straße auf die Schiene. Dafür braucht es gleiche Voraussetzungen für Verkehrsträger durch eine EU-weite Mindestmaut für LKWs und einen CO2-Preis für LKW-Transporte.

4. Schutz unseres Wassers und unserer Wälder: Naturschutz muss Vorrang vor Profit haben, keine Privatisierung des Wassers, freie Seezugänge sichern.

5. Ein Verbot von Privatjets.

Und für die SPÖ ist klar, dass junge Menschen hier eine große Rolle spielen. Wie alle Wähler:innen können sie bei der Nationalratswahl entscheiden, welcher Partei sie ihre Stimme geben und so mitentscheiden, welche Politik die kommenden Jahre in Österreich umgesetzt wird.

Welche konkreten Maßnahmen plant die SPÖ, um Diskriminierung und Rassismus im Alltag und in der Arbeitswelt zu bekämpfen?

Ich lehne jegliche Form der Diskriminierung und des Rassismus zutiefst ab. Die SPÖ hat zum Beispiel schon in der aktuellen Legislaturperiode das bisher umfassendste Anti-Diskriminierungsgesetz der letzten Jahrzehnte vorgelegt – und dieses Gesetz wollen wir schnellstmöglich nach der kommenden Wahl beschließen. Wir wollen damit über die bisher diskutierten Forderungen des Levelling-Ups hinausgehen und jegliche Diskriminierungen gegen LGBTIQ+ Personen in allen Lebensbereichen untersagen: Konkret sollen die Kategorien sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck und Geschlechtsmerkmale nicht nur im Arbeitsleben, sondern auch im Privatbereich, beim Zugang zu Gütern, Dienstleistungen und Wohnraum, sowie erstmals auch in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Soziales geschützt werden. Darüber hinaus wollen wir die Antidiskriminierungsbestimmungen in der öffentlichen Verwaltung ausbauen und den Schutz von LGBTIQ+ Personen in Art. 7 der Bundesverfassung verankern.

Viele junge Menschen arbeiten in prekären Jobs. Wie will die SPÖ diese Arbeitsverhältnisse verbessern und fairere Arbeitsbedingungen schaffen?

Die SPÖ ist und war immer schon DIE Partei für Arbeitnehmer:innen und steht für gute und faire Beschäftigung mit Einkommen, von denen die Arbeitnehmer:innen auch gut leben können. Ich sage daher prekärer Beschäftigung den Kampf an. Entgeltlose Praktika jeglicher Art (Pflicht- oder Ferialpraktika) müssen zurückgedrängt, ungewollte Teilzeitarbeit muss eingedämmt werden. Die SPÖ setzt sich für die Schaffung von Rahmenbedingungen für eine faire Entlohnung neuer Arbeitsformen und dem verstärkten Kampf gegen die Flucht aus dem Arbeitsrecht ein. Beispielsweise soll die Beschränkung von All-in-Vereinbarungen, das Verbot von unfairen Vertragsklauseln (z.B. Verfallsklausel oder Konkurrenzklausel), das Recht auf Nichterreichbarkeit in der Freizeit und, dass freie Dienstnehmer:innen in den Schutzbereich des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes aufgenommen werden.

Welche Verbesserungen planen Sie im Gesundheitssystem, um den Zugang zu psychologischer Unterstützung für Jugendliche zu erleichtern?

Psychischen Gesundheit hat größtmöglichen Stellenwert. Wir wissen, dass psychische Erkrankungen weit verbreitet sind und zu den am meisten einschränkenden Erkrankungen zählen. Sie beeinträchtigen Lebensqualität, Alltag und Arbeitsfähigkeit, belasten Betroffene und Angehörige und können zu Suizid führen. Auch in Österreich sind psychische Erkrankungen eine bedeutende Herausforderung für das Gesundheitssystem. Insbesondere die Versorgung von Kindern und Jugendlichen liegt im Argen. Die österreichische Versorgungslandschaft für die Betreuung psychisch erkrankter Kinder und Jugendlicher war bereits vor der Pandemie unzureichend ausgestattet. Es besteht ein durchgängiger Mangel an kassenfinanzierter Psychotherapie für Kinder- und Jugendliche, der Ausbau niederschwelliger Angebote an Schulen ist im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern nie erfolgt. Es existiert kein flächendeckendes Konzept zur Prävention psychischer Erkrankungen. All das sind Maßnahmen, die die SPÖ in Regierungsverantwortung vordergründig in Angriff nehmen wird.

Wie möchten Sie sicherstellen, dass junge Menschen aktiv in die Gestaltung von Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Klimaschutz eingebunden werden?

Mir sind Kinderrechte und die Expertise von Kindern und jungen Menschen sehr wichtig. Daher habe ich auch einen Kinderexpert:innenrat eingerichtet, um die Bedürfnisse junger Menschen gezielt abzuholen und in meine Politik einfließen zu lassen. Ich will Österreich zu einer Kinderrepublik wandeln!

Im Bereich der Forschung wäre etwa vorstellbar, die Initiativen in Medien darzulegen, die vor allem von Jugendlichen konsumiert werden, und auch diesbezüglich die Bewerbung von Forschung bzw. Forschungsausschreibungen zu optimieren. Das inkludiert natürlich auch die KI-Forschung. Diesbezüglich sind Budgetmitteln im Forschungsressort und bei den Agenturen gegeben. Um die Interessen junger Menschen in der Klimapolitik stärker zu berücksichtigen, fordert die SPÖ, dass die Bundesjugendvertretung in den beratenden Gremien der nationalen Klimaschutzpolitik vertreten sein soll. Zudem hat die SPÖ durchgesetzt, dass Klima- und Umweltschutz besser in den Lehrplänen abgebildet werden soll.

Wie wird die SPÖ dafür sorgen, dass das Rentensystem auch für die junge Generation langfristig gesichert ist?

Ich spiele Jung und Alt nicht gegeneinander aus! Die beste Absicherung unseres Pensionssystems ist eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Je besser es uns gelingt, dass mehr Menschen erwerbstätig sind, Arbeitslosigkeit konsequent bekämpft wird und die Arbeitnehmer:innen ein gutes Einkommen beziehen, desto leichter wird uns auch die Finanzierung der Pensionen und des Sozialsystems insgesamt fallen.

Wie kann die SPÖ dazu beitragen, dass junge Menschen mehr Vertrauen in die Politik gewinnen?

Ich möchte, wenn die SPÖ in Regierungsverantwortung ist, einen bundesweiten Jugendrat unter Einbeziehung der Bundesjugendvertretung einrichten. Dieser soll sich aus einem Querschnitt der jungen Menschen in Österreich zusammensetzen. In einem partizipativen Prozess sollen mit dem Jugendrat relevante Zukunftsthemen diskutiert und gemeinsam Maßnahmen, insbesondere in kontroversen und komplexen Themengebieten, erarbeitet werden. Auf diese Weise kann das Vertrauen junger Menschen in die Politik gestärkt werden.

Letzte Frage: Was geben Sie einem jungen Menschen mit auf dem Weg?

Bei der Nationalratswahl geht es um deutlich mehr als die Frage, wer den nächsten Kanzler stellen wird. Diese Wahl ist eine Richtungsentscheidung. Nicht nur für Österreich, sondern für jeden Menschen ganz persönlich. Aktuell entwickelt sich in Österreich einiges in die falsche Richtung: Es wird immer schwerer, sich mit Arbeit etwas aufzubauen. Die psychischen Belastungen steigen, das Gesundheitssystem kommt immer stärker unter Druck und die Schere zwischen Arm und Reich geht auseinander.

Ich bin angetreten um Erster zu werden – aber nicht als Selbstzweck! Sondern weil ich das Leben für alle Menschen in Österreich wieder leichter, gerechter und leistbarer machen möchte! Ich will Österreich – mit Herz und Hirn – so aufstellen, dass auch unsere Enkelkinder und deren Kinder eine sichere und lebenswerte Heimat vorfinden. Dazu brauchen wir ein starkes Gesundheitssystem, die beste Bildung für alle, eine zukunftsfitte Wirtschaft, echte Gleichberechtigung und Sicherheit. Und dafür zählt jede Stimme! Daher lade ich auch vor allem wahlberechtigte junge Menschen ein, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen – und mir ihr Vertrauen zu schenken!

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