Während im amerikanischen Raum Sexismus, toxische Männlichkeit und Transphobie ein überraschendes Revival erleben, gelingt der österreichischen Regisseurin Katharina Mückstein mit „Feminism WTF“ die längst überfällige Antwort auf Matt Walshs fragwürdige Dokumentation „What is a Woman?“.
Obwohl sich die zwei Werke in ihrer Machart auf den ersten Blick wenig von einander unterscheiden mögen, könnten die jeweiligen Conclusio nicht weiter auseinanderliegen. In beiden Filmen werden vorrangig Feminist*innen interviewt, die von ihren Erfahrungen, Erkenntnissen und Prophezeiungen berichten. Im Gegensatz zur Produktion des konservativen US-Amerikaners werden in Mücksteins Doku allerdings viele der getätigten Aussagen anhand von Experimenten oder Studien veranschaulicht. Obwohl man(n) dem Film an einigen Stellen „Male-Bashing“ vorwerfen könnte, sorgt die Over-All-Message für ein eindrucksvolles Kinoerlebnis.
Dennoch muss man „Feminism WTF“ vorhalten, mit seinem Titel ein Level an Provokanz zu suggerieren, welchem der Film inhaltlich nicht gerecht wird. Trotz anfänglicher Nennung und Anerkennung der verschiedenen Strömungen des Feminismus (intersektional, queer, marxistisch, radikal, …) werden die gemeinsamen Tendenzen der befragten Personen schnell ersichtlich. Vermittelt wird der Eindruck, die Ideale von Frauenrechtler*innen der zweiten Welle, wie beispielsweise Alice Schwarzer oder Helke Sander, seien überholt und obsolet. Gleichzeitig sind sie es, die nach wie vor die Konzepte des modernen Feminismus hinterfragen. Ungeachtet des persönlichen Zugangs zu ebenjenen kontroversen Meinungen, hätte eine konträre Sichtweise aus den eigenen Reihen den akronymisierten Vulgarismus im Titel gerechtfertigt.
Feministische Aneignung
Auf der visuellen Ebene erfindet Mückstein mit ungewöhnlichen Mitteln das festgefahrene Format des Interview-Dokumentarfilms nach ihren Vorstellungen neu. Nicht nur das farbliche Abstimmen von Kleidung und Hintergrund wertet das Gesehene spürbar auf, mehrere eingeschobene Tanzsequenzen erlauben eine zeitnahe Verarbeitung des Informationsflusses. Damit bedient sich die österreichische Filmmacherin an dem bewährten Frag-doch-mal-die-Maus-System, welches seiner Zuseherschaft durch regelmäßige Pausen erlaubt das soeben Gelernte zu verinnerlichen. Die Choreographien mögen anfänglich aufgrund der rot-lastigen Farbpallette an einen Werbespot der Arbeiterkammer erinnern, entpuppen sich aber rasch als ein durchdachtes Motiv.
Mit „Feminism WTF“ gibt Mückstein Menschen eine Stimme, die außerhalb ihrer „Bubble“ oft Diskreditierung erfahren, bevor sie gehört werden. Nicht zuletzt aufgrund seiner ausgeklügelt-artistischen Bildsprache gelingt es dem Film seine Zuseherschaft in eine bunte Welt abseits von Pink-Blauen-Stereotypen zu entführen. The Future is Feminist.