Im Literatursalon mit Bernardine Evaristo

Am vergangenen Sonntag stellte Bernardine Evaristo im „Literatursalon im Gemeindebau“ im Rabenhoftheater ihren 2013 erschienen Roman „Mr. Loverman“ erstmals in Österreich vor. Durch den Abend führte Angelika Hager, die deutsche Fassung des Buches wurde von Ernst Gossner gelesen. 

Evaristo las die erste Seite des Buches in englischer Originalfassung, der Rest der Lesung wurde von Ernst Gossner übernommen, der emotional und gekonnt mit seiner Stimme spielend, Schlüsselstellen aus dem Roman vortrug. Darauf folgte ein Interview mit Bernardine Evaristo, von Angelika Hager geführt. Evaristo erzählte über ihren Schreibstil und ihren Schreibprozess, aber auch über die Anfänge ihrer Karriere und ihren Wandel vom Erzählen in Gedichten zum Schreiben in Prosa. Weiters sprach sie über Rassismus, ihre Kindheit und Jugend in Großbritannien und darüber, inwiefern sich das Land in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Leider ging das Gespräch selten in die Tiefe und Angelika Hager nutzte die Gelegenheit des Interviews lieber, um über die Royal Family zu sprechen als sich tiefgründigen Nachfragen, beispielsweise zu den Charakteren des Romans, zu stellen. 

Eine Geschichte, die nahegeht

In „Mr Loverman“ geht es um den in Antigua geborenen Barrington, der mit seiner Frau Carmel nach England emigriert und dort ein beschauliches Leben führt. Er hat zwei erwachsene Kinder, ein schönes Haus und genießt seinen Ruhestand zusammen mit seiner Frau. Allerdings verbirgt sich hinter seinem perfekten Leben ein Geheimnis, das ihn seit Jahrzehnten begleitet. Er ist schwul und seit seiner Jugend mit seinem besten Freund Morris zusammen. Die tiefreligiöse Carmel weiß jedoch nichts davon und Barrington kann sich nicht überwinden sich vor seiner Frau zu outen – oder doch? 

Identifikation mit Romanfiguren

Mit sehr viel trockenem Humor und lyrischem Schreibstil erzählt Evaristo diese wunderschöne und zugleich tieftraurige Geschichte. Generell gibt sie mit all ihren Büchern Geschichten eine Chance gehört zu werden, die bis jetzt in unserer Gesellschaft weggeschwiegen wurden. Menschen, die vom weißen heteronormativen Kanon der Literatur nicht repräsentiert werden, bekommen in Evaristos Büchern Stimmen, mit denen sie sich identifizieren können. In „Mr. Loverman“ werden unter anderem die Themen „Rassismus“, „Emigration“, „Homosexualität“ und „Depression“ behandelt. 

Auszeichnung mit dem Booker Prize

Bernardine Evaristo gewann für ihren Roman „Girl, Women, other“ 2019 als erste schwarze Frau den Booker Preis. Für sie war das der wichtigste Moment in ihrer Karriere. Im Interview mit Angelika Hager betont sie stolz darauf zu sein und dennoch enttäuscht, dass es so lange gedauert hat, bis eine schwarze Frau diesen Preis gewonnen hat. Sie sieht sich allerdings jetzt in der Position ein Vorbild für zukünftige Autor*innen zu sein. Außerdem sagt sie, dass es ihr durch die Auszeichnung mit dem Booker Preis jetzt möglich sei „die vorherrschenden Strukturen von innen heraus aufzubrechen und den literarischen Kanon diverser zu machen.“ 

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