Washington D.C.: Während die Welt seit Monaten gebannt das Präsidentschaftsduell zwischen Donald Trump und Joe Biden verfolgt, wird eine Wahl, die für das künftige Staatsoberhaupt von großer Bedeutung ist, bisher nur bescheiden beobachtet. Denn am 3. November wird nicht nur über den neuen oder alten Mann im Oval Office entschieden, sondern auch über das US-Parlament, den Kongress.
Fakt ist, die Macht des US-Präsidenten hängt stark von den beiden Kammern des Kongresses – Senat und Repräsentantenhaus – ab. Dem Parlament obliegt nämlich das Budgetrecht sowie das Vorschlagsrecht für Gesetze. Zudem befugt es über die Kontrolle der Exekutive, einschließlich des Präsidenten und der Geheimdienste. Ergo, hat des Präsidenten Partei in beiden Kammern die Mehrheit, können seinerseits viele Vorhaben umgesetzt werden. Führt jedoch eine andere Partei im Repräsentantenhaus als im Senat, wie es momentan der Fall ist, können Beschlüsse verzögert und verhindert werden.
Im Gegensatz zum Wahlsystem bei der Präsidentenwahl werden die Abgeordneten des US-Kongresses direkt vom Volk gewählt. Auf der einen Seite werden die Senatoren (Vertreter der Bundesstaaten) und auf der anderer Seite die Repräsentanten (Vertreter der Kongresswahlbezirk) bestimmt.
Der Senat setzt sich aus 100 Abgeordneten, zwei pro Bundesstaat, zusammen und wird alle zwei Jahre zu ungefähr einem Drittel neu gewählt. Seine Aufgaben liegen darin internationale Verträge, mit Zwei-Drittel-Mehrheit, sowie herausragende Regierungsämter wie Minister-, Richter- und Botschafterposten, mit absoluter Mehrheit, zu bestätigen. Außerdem beschließt der Senat, ob der Präsident bei einem etwaigen „Impeachment“ seines Amtes enthoben wird. Hierfür ist ebenso eine absolute Mehrheit notwendig. Für den Fall, dass eine Senatsabstimmung unentschieden endet, entscheidet der Senatspräsident. Diese Rolle wird vom Vizepräsidenten, momentan Mike Pence, bekleidet. Bei den Senatswahlen 2020 werden 35 Sitze neu bestimmt. Die besseren Chancen auf die Mehrheit im nächsten Senat werden den Demokraten zugesprochen, da sie im Gegensatz zu den Republikanern – 23 – nur 12 Sitze zu verteidigen haben.
Das Repräsentantenhaus setzt sich aus 435 Abgeordneten zusammen und wird alle zwei Jahre neu gewählt. Wie viele Repräsentanten ein Bundesstaat entsendet, hängt von seiner Bevölkerungsanzahl ab. Der Verteilungsschlüssel liegt bei ungefähr einem Repräsentanten pro 700.000 Einwohner. Neben den Bundesstaaten werden der Regierungsbezirk „District of Columbia“ sowie die fünf Außengebiete der Vereinigten Staaten (Puerto Rico, Amerikanisch-Samoa, Guam, Nördliche Marianen und den Amerikanischen Jungferninseln) durch jeweils einen, nur in Ausschüssen stimmberechtigten, Abgeordneten vertreten. Die Aufgaben des Repräsentantenhauses liegen in der Kontrollfunktion über den Präsidenten, dem alleinigen Initiativrecht bei Steuer- und Haushaltsgesetzen sowie der Einleitung eines Impeachment. Die Mehrheitspartei – Partei mit der größten Sitzanzahl im Repräsentantenhaus – übernimmt den Vorsitz und stellt den Sprecher des Repräsentantenhauses. Diese Rolle wird momentan von Nancy Pelosi bekleidet, womit sie Vorsitzende aller Ausschüsse sowie an zweite Stelle in der Nachfolge des Präsidenten ist. Bei den Repräsentantenwahlen 2020 werden die Demokraten, aller Voraussicht nach, ihre 2018 eroberte Mehrheit verteidigen können.
Die spannendste Frage am 3. November bleibt unbestritten: Wer wird die nächsten vier Jahren als Staatsoberhaupt, Regierungschef und Oberbefehlshaber der Streitkräfte die Amtsgeschäfte der USA leiten? Nichtsdestotrotz sollen die Kongresswahlen nicht außer Acht gelassen werden, denn einem Gesetzesvorhaben muss von beiden Kammern zugestimmt werden und auch die Regierungsmitglieder des nächsten Präsidenten müssen vom Senat abgesegnet werden.
Dieser Artikel wurde am 3. November 2020 auf dem mittlerweile stillgelegten Portal www.yna.at veröffentlicht. |